Wohngemeinschaft für Studenten und Obdachlose

VinziRast
Wohnbauprojekt „VinziRast-mittendrin“ eröffnet.

Kaum drei Wochen im neuen Zuhause und schon hat Christl einen Spitznamen: „Gute Fee“ wird die 64-Jährige in der „VinziRast-mittendrin“ genannt – weil ihr es zu verdanken ist, dass es im ganzen Haus verführerisch nach Backwaren riecht.

Für die offizielle Eröffnung des Wohn- und Sozialbauprojekts der Vinzenzgemeinschaft St. Stephan hat die ehemalige Obdachlose Linzer Augen gebacken. Mitbewohner und Psychologiestudent Gereon darf vorab kosten. Denn in der Währinger Straße 19 teilen sich Studenten mit ehemaligen Obdachlosen ein Zuhause. Auf drei Stockwerken sind zehn WGs mit insgesamt 27 Zimmern untergebracht. Die Miete kostet 280 bis 330 Euro pro Monat. Gemeinschaftsküchen und eine große Dachterrasse fördern das Miteinander. Außerdem gibt es drei Werkstätten und ein Lokal im Erdgeschoß.

Recycling

Das kleine Café soll Angelpunkt für Austausch und Kommunikation werden. Hier, ebenso wie im gesamten Haus, hat das Architektenbüro „gaupenraub“ seiner Kreativität freien Lauf gelassen. 8000 alte Bretter aus zerlegten Obst- und Gemüsekisten bilden die Decke des Lokals. Die Theke wurde aus den alten Dachsparren gezimmert. Ausrangierte Türschnallen wurden zu Kleiderhaken umfunktioniert.

Die Idee für das Wohnprojekt entstand während der AudiMax-Besetzung bei den Studentenprotesten 2009. Damals waren nicht nur viele Studenten in Wiens größtem Hörsaal anzutreffen, sondern auch Obdachlose, die einen warmen Platz suchten. Sie packten mit an, putzten, kochten und diskutierten mit den Studenten.

„Als das AudiMax vor der Räumung stand, kam die Frage auf: Wohin mit den Obdachlosen?“, erzählt Karin Stanger, eine der damaligen Aktivistinnen. Das leer stehende Haus im 9. Bezirk war rasch entdeckt. Gespräche mit der Vinzenzgemeinschaft folgten. Drei Jahre später war das bisher einzigartige Projekt fertig.

Wohngemeinschaft für Studenten und Obdachlose
VinziRast
„Wir wissen nicht, wie das Experiment ausgeht“, gibt Cecily Corti, Leiterin der Vinzenzgemeinschaft, zu. „Aber dieses Haus im Zentrum der Stadt bietet optimale Bedingungen, um Menschen, die zuvor am Rand der Gesellschaft waren, in die Mitte zu holen.“

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