Wien wird zur Migranten-Hochburg

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Starker Zuzug aus dem Nahen Osten in Österreich. Bundeshauptstadt wuchs um 43.200 Menschen.

Bürgerkrieg in Syrien, Krise im Irak, Angst vor dem IS. Die derzeitige Weltlage macht sich auch in der am Dienstag veröffentlichten aktuellen österreichischen Bevölkerungsstatistik bemerkbar.

Dass Österreich durch Migration und nicht durch Geburten wächst, ist per se nichts Neues: Mit einem Plus von 121.300 Personen im Vorjahr ist der Zuzug von Ausländern erneut höher als der gesamte Bevölkerungsanstieg in Österreich. Hier gab es nämlich "nur" ein Plus von 114.804 Personen.

Die Länder, aus denen die ausländischen Staatsangehörigen stammen, haben sich mit dem Flüchtlingsstrom merklich geändert: Die meisten Menschen kommen derzeit aus dem Nahen Osten nach Österreich.

Die Zahl der Syrer hat sich vergangenes Jahr verdreifacht: Sie ist von 11.255 auf 33.061 Personen gestiegen. Auf Platz zwei befinden sich die Zuwanderer aus Afghanistan. Heute leben um 18.329 mehr Afghanen in Österreich als noch vor einem Jahr. Ebenfalls stark zugenommen hat die Zahl der Iraker, nämlich um 10.039 Personen.

Die Zuwanderer zieht es aufgrund der Infrastruktur und der Hoffnung auf Jobs und Wohnraum oft in die Bundeshauptstadt. Zahlen bestätigen das: 38 Prozent des österreichweiten Wachstumsanstiegs entfiel auf die Bundeshauptstadt.

In Summe gab es in Österreich ein Bevölkerungswachstum von 1,3 Prozent. Mit Stichtag 1. Jänner 2016 lebten in Österreich somit nicht ganz 8,7 Millionen Menschen.

Herausforderung

Die Zuwanderung aus dem Nahen Osten stellt Österreich – besonders Wien – vor Herausforderungen In der "Sicherheitspolitischen Jahresvorschau 2016" der Landesverteteidigungsakademie nennt Migrationsexperte Alexander Schahbasi vor allem die fehlende Verfügbarkeit von leistbarem Wohnraum als Problem. Demnach wird die "Schaffung von Wohnraum in der Größenordnung einer mittelgroßen europäischen Stadt" notwendig sein.

Die ohnedies angespannte Lage am Arbeitsmarkt werde sich zudem weiter verschärfen. Selbst für qualifizierte Flüchtlinge prognostiziert Schahbasi Schwierigkeiten wegen mangelnder Sprachkenntnisse und fehlender Anerkennung von Ausbildungen. Die Folge: "Ein Verdrängungswettbewerb im niedrig qualifizierten Segment."

Im Büro von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) gibt man sich zuversichtlich die Wohnungsnachfrage auch in Zukunft decken zu können. Auch im Büro von Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) ist man zuversichtlich, dass die Maßnahmen der Stadt ausreichen, um die Migranten zu integrieren.

Nachgefragt: Migrationsexperte Heinz Faßmann

Migrationsexperte Heinz Faßmann ist Vizerektor der Universität Wien.

Wien wird zur Migranten-Hochburg
ABD0039_20151119 - WIEN - ÖSTERREICH: Vizerektor der Uni Wien, Heinz Faßmann, am Donnerstag, 19. November 2015, im Rahmen einer Pressekonferenz zum Thema "50-Punkte Plan zur Integration" in Wien. - FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT
KURIER: Flüchtlinge – und diese machen einen Großteil der zugezogenen Migranten aus – zieht es vor allem in die Städte. Welche Herausforderungen ergeben sich dadurch?

Heinz Faßmann: Ein großes Thema ist leistbarer Wohnbau. Es muss definitiv mehr Neubau geschaffen werden. Derzeit dauert aber die Planung eines neuen Hauses, die Widmung, die ganzen Vorbereitungsarbeiten zu lange. In Anbetracht der derzeitigen Situation wäre es zielführend, wenn man diese Schritte beschleunigen könnte.

Was braucht es abseits von Wohnungen?

Man muss Infrastruktur für junge Menschen schaffen. Es braucht mehr Klassen, mehr Lehrer und mehr Klassenräume.
Wie könnte man den Zuzug in die Bundeshauptstadt generell bremsen?
Ich würde eine Residenzpflicht für anerkannte Flüchtlinge vorschlagen.

Wie könnte das konkret aussehen?

Eine Möglichkeit ist, die Mindestsicherung davon abhängig zu machen, ob ein anerkannter Flüchtling die ersten ein, zwei Jahre dem lokalen Arbeitsmarkt zu Verfügung steht. Nach dieser Zeit ist die Person vielleicht so in ihrem Umfeld integriert, dass ein Umzug nach Wien für sie gar nicht mehr so attraktiv ist.

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