Polizei jagt „Geheimnisverräter“
In der Polizei herrscht helle Aufregung. Freitagnachmittag bekamen die Wiener Beamten einen Brief von ihrem Präsidenten Gerhard Pürstl. Tenor: Wer gegenüber den Medien interne Belange ausplaudert, fliegt raus.
Auslöser für die scharfe Vorgangsweise war die Debatte um den Befehl des Floridsdorfer Polizeichefs, mindestens sieben Strafanzeigen pro Monat zu legen. Wiens Polizeispitze hatte nach dem gewaltigen Medienecho festgestellt, dass das nicht in Ordnung war, und es diese Weisung künftig nicht mehr gibt.
Damit war die Sache aber nicht erledigt. Intern wurde ermittelt, weil das Schriftstück aus Floridsdorf bei der Kronen Zeitung gelandet war. Wiens Vize-Polizeipräsident Karl Mahrer dazu: „Die Weitergabe war eine Verletzung des Amtsgeheimnisses und ist daher eine strafrechtliche Handlung.“
Die internen Ermittlungsmethoden sorgen aber nun für Zündstoff innerhalb der Exekutive. Denn laut Gewerkschaftsvertreter Josef Sbrizzai (ÖGB) hat der Beamte per Fax den schriftlichen Befehl aus Floridsdorf an das Medium geschickt. Und bereits am nächsten Tag sollen die Ermittler gewusst haben, dass das Fax im Oktober von einer Bawag/PSK-Filiale geschickt worden war. Woher ist noch unklar.
Mehrere Verfehlungen?
Die Beamten besorgten sich – laut Karl Mahrer über Auftrag der Staatsanwaltschaft – das Bankvideo und forschten so den Beamten aus. Der wurde am Mittwoch von seiner Suspendierung in Kenntnis gesetzt. Laut Polizei-Pressesprecher Thomas Keiblinger bestehe der Verdacht „auf eine Reihe von Verfehlungen“. Daher habe man „aus dienstlichem Interesse vorläufig auf die Mitarbeit des Beamten verzichtet.“
„Rechtlich fraglich“
Der Wiener Strafverteidiger Werner Tomanek sieht in diesem Zusammenhang den Zugriff auf die Überwachungsbilder als „rechtlich fraglich und problematisch“ an. Die Staatsanwaltschaft Wien will dazu erst am Montag Stellung beziehen. Mahrer verteidigt die Vorgangsweise bereits jetzt: „Wir hatten den Auftrag der Staatsanwaltschaft. Und Gesetz muss Gesetz bleiben.“ Fraglich ist dabei, ob es sich um ein internes Protokoll gehandelt hat oder um einen Erlass. „Bei einem Erlass ist fraglich, ob das ein Amtsgeheimnis ist“, meint Tomanek.
Der am Freitag von Polizeipräsident Pürstl verfasste Brief, der dem KURIER vorliegt, stellt den Beamten jedenfalls die Rute ins Fenster, so sie interne Papiere nach außen tragen: Ich werde ganz entschieden gegen solche „schwarzen Schafe“ in den eigenen Reihen vorgehen, die durch Geheimnisverrat Dritten und der Wiener Polizei Schaden bringen. Auch Pürstls Vize, Karl Mahrer, steht hinter dem Brief. „Wenn Beamte mit einem Befehl nicht einverstanden sind, können sie sich an ihre Vorgesetzten oder auch an den Präsidenten und mich wenden.“
„Wer Missstände aufzeigt, gehört eigentlich ausgezeichnet. Das ist wie bei Whistleblower Ed Snowden. Aber hier werden die Kollegen mundtot gemacht“, kritisiert Gewerkschafter Sbrizzai. „Übrig bleibt: Wer die Führung anpatzt, der wird sofort entfernt.“
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