Was Rot-Grün von „Red Ken“ lernen kann

Was Rot-Grün von „Red Ken“ lernen kann
Warum Londons Ex-Bürgermeister Ken Livingstone in der Acht-Millionen-Metropole die Citymaut einführte

Ken Livingstone ist schlechte Presse gewohnt. Der Labour-Politiker führte in London ein, wovon ihm Meinungsforscher, Politberater und der Boulevard über Monate hinweg abgeraten hatten: eine Citymaut für Londons Zentrum. Seit 2003 zahlen Autofahrer zehn Euro, wenn sie in die Innenstadt fahren wollen. Livingstone sagte so Staus und – in den Augen der Opposition – auch Autofahrern selbst den Kampf an. Der Protest von Anrainern und Handel war anfangs enorm – und er ist es zum Teil bis heute geblieben.

„Doch das System hat von Beginn an funktioniert“, sagt Livingstone. Knapper Zusatz: „Und ein Jahr später wurde ich als Bürgermeister wiedergewählt.“

Am Mittwoch stattete „Red Ken“, der als einer der schillerndsten Labour-Politiker der letzten Jahre gilt, Wien auf Einladung des Verkehrsclub Österreichs (VCÖ) und der Kapsch AG einen Besuch ab. Seine Botschaft bei einem Vortrag im Konzerthaus lautete: „In London sterben jährlich 4500 Menschen frühzeitig aufgrund der Luftverschmutzung. Die Citymaut soll dazu beitragen, diese Zahl zu verringern.“ Nach Einführung wurde in London die Busflotte auf 8000 Stück erhöht, der Individualverkehr ging stark zurück, wodurch sich die durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit im Zentrum wieder erhöhte.

Andere Städte zogen nach: Oslo, Stockholm oder Bergamo verfügen heute über ähnliche Systeme. „Doch die eine Citymaut gibt es nicht“, sagt Erwin Toplak von Kapsch. „Jede Stadt hat ihre Eigenheiten, die berücksichtigt werden müssen.“ Für den KURIER berechnete Toplak schon einmal den möglichen Nutzen für Wien. Rot-Grün könnte durch die Maut rund 200 Millionen Euro einnehmen, schätzt er. „Geld, das wie in London in den Öffi-Ausbau investiert werden sollte“, sagt Markus Gansterer vom VCÖ.

Zwar fordern die Grünen die Maut schon lange, doch die SPÖ stellte zuletzt im Vorjahr klar, dass eine Umsetzung nicht machbar ist. Experten sind auch uneins, ob die Maut in Wien wirklich sinnvoll wäre. „Ich werde ihnen da sicher keine Empfehlung geben“, sagt der führerscheinlose Londoner Ex-Bürgermeister. „Schließlich bin ich erst seit sechs Stunden in Wien.“

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