VCÖ warnt vor hohen Feinstaubwerten

Spitzenwerte wie in verrauchten Lokalen - Besonders Dieselfahrzeuge ohne Filter als Verursacher.

Das Überqueren einer stark befahrenen Straße in Wien kann ähnlich gesundheitsschädlich sein wie der Aufenthalt in einem verrauchten Lokal. Denn die Belastung mit Ultrafeinstaubpartikeln ist in der Bundeshauptstadt im Vergleich zu anderen europäischen Städten hoch, warnte der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) am Donnerstag in einer Pressekonferenz. Schuld sei daran vor allem der Verkehr.

Gemessen wurde an mehreren Orten in Wien, jeweils für fünf Minuten - dabei kamen die Experten vom Danish Ecological Council in Kopenhagen etwa am Hernalser Gürtel auf einen Durchschnittswert von rund 115.000 Partikeln pro Kubikzentimeter Luft, Maximalwerte lagen bei rund 165.000 Partikeln. Damit sei die Belastungssituation ähnlich wie in einem verrauchten Lokal, erklärte Bettina Urbanek vom VCÖ. Die Messungen wurden zudem bei regnerischem und windigem Wetter durchgeführt, was erfahrungsgemäß niedrigere Werte produziere.

Offizielle Grenzwerte gibt es zwar noch keine, allerdings liegen Empfehlungen von Umweltwissenschaftern vor: Sie raten zu einem Ultrafeinstaub-Jahresmittelwert von 7.000 Partikeln pro Kubikzentimeter, mit stündlichen Spitzenwerten von höchstens 20.000 Partikeln. Zum Vergleich: Im Schlosspark Schönbrunn - also an einer Stelle ohne Verkehr - maß der VCÖ eine Belastung von rund 4.000 Partikeln pro Kubikzentimeter.

Verursacher Straßenverkehr

"Als Quelle haben wir im Stadtgebiet vor allem den Straßenverkehr ausgemacht, besonders Dieselfahrzeuge, die keinen Partikelfilter haben", so Urbanek. Dass man im Inneren eines Fahrzeuges vor Ultrafeinstaub geschützt sei, sei ein"Irrglaube": Auch hier hätten die Experten des VCÖ bei einer Probefahrt deutlich erhöhte Werte gemessen. Je dichter der Verkehr, desto höher die Partikeldichte: Spitzenwerte von 230.000 pro Kubikzentimeter habe man etwa beim Bergauffahren am Grünen Berg erhoben. Das könne vor allem für Pendler und Berufsfahrer schnell zu Gesundheitsproblemen führen.

Im Gegensatz zu "normalem" Feinstaub besteht Ultrafeinstaub aus noch kleineren Partikeln - beispielsweise aus Verbrennungsprozessen - mit einem Durchmesser von bis zu einem Mikrometer (PM 0,1). Während die größeren Partikel meist im Rachenraum hängen bleiben und abgehustet werden können, dringt Ultrafeinstaub tiefer in die Atemwege ein und kann sich auch in den Lungenbläschen absetzen.

"Je tiefer der Feinstaub eindringt, desto größer ist auch seine Schädlichkeit", betonte Umweltmediziner Hans-Peter Hutter. Kurzfristige Folgen können klassische Atemwegsbeschwerden wie Husten, Asthmaanfälle oder Bronchitis sein, langfristig kann es etwa zu einer Beeinträchtigung des Lungenwachstums bei Kindern oder Lungenkrebs kommen. Jedenfalls sei in Studien ein Zusammenhang zwischen Ultrafeinstaub und erhöhter Sterblichkeit festgestellt worden.

Noch habe man keinen Schwellenwert gefunden, ab dem die Kleinstpartikel gefährlich werden, erklärte Hutter - bereits geringe Ultrafeinstaubmengen könnten Schädigungen hervorrufen. "Noch wird Ultrafeinstaub als Gesundheitsproblem zu wenig ernst genommen. Es ist höchste Eisenbahn, dass man hier etwas tut", kritisierte der Umweltmediziner. Bereits mit jeder kleinen Reduktion erreiche man gesundheitliche Benefits für die Bevölkerung.

Schlechte Werte im Europa-Vergleich

Im Vergleich mit anderen europäischen Großstädten schneide Wien bei den Messungen des Danish Ecological Council schlecht ab, so Urbanek: Großstädte wie Berlin oder Kopenhagen wiesen deutlich bessere Werte vor. In Wien befinde man sich eher auf dem Niveau von Städten wie Prag oder Bratislava. Problematisch sei vor allem, dass Ultrafeinstaub - im Gegensatz zu Feinstaub aus Grobpartikeln - derzeit noch gar nicht gemessen werde. Deshalb forderte der VCÖ den Start von regelmäßigen Messungen - das scheitere vor allem an uneinheitlichen und nicht adäquaten Methoden und Messgeräten.

Weiters soll vor allem der Güterverkehr mit modernen Partikelfiltern ausgestattet sowie die Öffi-Verbindungen zwischen Städten und dem Umland ausgebaut werden. Innerstädtisch plädierte Urbanek für besseren Fußgängerschutz - etwa durch kürzere Rotphasen - und eine Stärkung des Fahrradverkehrs.

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