Vassilakou will "liebe Piraten" ködern
Wiens grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou sagt im KURIER-Interview, eine Verlängerung der Kurzparkdauer wäre denkbar.
KURIER: Frau Vassilakou, es ist schon lange ruhig um Rot-Grün. Die Mühen der Ebene?
Maria Vassilakou: Ruhig? Im Gegenteil. Wir durchlaufen die intensivste Arbeitsphase: Das 365-Euro-Öffi-Ticket kommt. Die Pickerl-Ausweitung wird umgesetzt, die Mariahilfer Straße Neu ist auf der Zielgeraden und der Verkauf des vierten Solarkraftwerks läuft .
Was kommt als Nächstes?
Die Sensibilisierungskampagne für mehr Rücksicht im Straßenverkehr wird in Kürze starten. Wir wollen so Konflikte entschärfen. Wir werden auch an Schulen Aufklärung leisten. Neben den Sozialpartnern sind auch alle Verkehrsorganisationen an Bord – ÖAMTC, ARBÖ, VCÖ, Rad- und Fußgängerinitiativen.
Sollen sich Auto- und Radfahrer also wieder lieb haben, nachdem Sie die Diskussion mit streitbarer Pickerlpolitik erst geschürt haben?
Bei Veränderung regt sich immer Widerstand. Aber Regierungen dürfen sich nicht vor heiklen Themen und nötigen Diskussionen scheuen. Derzeit legen die Wiener 71 Prozent ihrer Wege mit Öffis, Rad oder zu Fuß zurück. Nur Hongkong ist noch besser. In einigen Jahren wollen und können wir Weltmeister sein.
Wie teuer wird die Kampagne sein?
Wir werden im Frühjahr 300.000 Euro investieren. Aber die Kampagne wird uns mehrere Jahre begleiten.
Ist Ihr Pickerlprojekt auf halber Strecke gescheitert? Transdanubien hat abgewunken, ebenso wie Favoriten, Währing und Döbling.
80 Prozent dessen, was wir uns vorgenommen haben, haben wir erreicht. Ich kann mir auch vorstellen, dass sich der zehnte Bezirk später neu entscheidet. Die Pendlerbelastung im Süden ist enorm. Im Korridor Mödling hat sich der Verkehr in zehn Jahren verdoppelt.
Beruhigen Sie die Bezirke bereits mit gestaffelten Pickerlpreisen ab Herbst?
Nein. Wir diskutieren aber darüber, die Dauer des Kurzparkens von zwei auf drei Stunden auszudehnen. Das prüfen wir. Die Forderung von VP und FP nach dem Gratispickerl für Wiener ist aber absurd. Es würde gegen die Verfassung verstoßen – das wissen beide Parteien.
Anfangs glaubten Sie, Rot-Grün könnte die FPÖ einbremsen. War das nicht naiv?
Nein. Wir stehen für eine neue politische Kultur, wo heiße Eisen angegriffen und gelöst werden. Wofür ich nichts kann, ist die Selbstauflösung der ÖVP, von der die FPÖ profitiert. Mich beunruhigt, dass beide Parteien zu einer Art Tea Party verschmelzen. Positionen werden extremer. Man ist gegen alles und für nichts mehr.
Müssen Sie sich nicht viel eher vor den Piraten fürchten?
Für Prognosen ist es zu früh. Gerade bei den Grünen muss aber Platz für Vor- und Querdenker sein. Wir sollten daher das Gespräch suchen, um Kräfte zu bündeln.
Sie wollen die Piraten entern, bevor die Piraten die Politik entern?
Wir sollten auf jene zugehen, die sich etwa für Datenschutz und für ein demokratisches Netz einsetzen. Die Entwicklung in Deutschland zeigt aber, dass es bei den Piraten auch solche gibt, die teils rechtsextreme Positionen einnehmen. Die kommen für die Grüne Partei nicht infrage.
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