Uber-Fahrer um 3,75 Euro Stundenlohn

Die Handy-Technik für Lenker wird von Uber zur Verfügung gestellt.
AMS vermittelte Job. Ein Lenker spricht von Sklaverei und organisiertem Betrug.

Der gebürtige Russe Stanislav Bergo war mit seinen Nerven am Ende. Der in Wien gemeldete 49-Jährige wandte sich an den KURIER. Jahrzehntelang war er in Europa als Berufs-Fahrer tätig. Vor wenigen Monaten wurde er arbeitslos und meldete sich beim AMS. Und das Arbeitsmarktservice vermittelte ihm schnell einen Job. Bei einem Taxiunternehmen mit sieben Fahrzeugen im 23. Bezirk (Name der Redaktion bekannt).

Hungerlohn

Dienstantritt war am 22. Februar. Bereits am 15. März, nach 25 Schichten, gab er auf. Denn der Profi-Chauffeur wurde mit einem Hungerlohn von 3,75 Euro pro Stunde abgespeist.

"Als ich mich vorstellte, fragte mich der Chef, ob ich nur den Stempel für das Arbeitsamt will oder ob ich auch für den neuen Online-Dienst Uber fahren möchte", erklärte Bergo in perfektem Deutsch. Der Russe spricht mehrere Sprachen und beschreibt sich als professionellen Mietwagen-Chauffeur.

Ihm wurde ein branchenübliches Gehalt garantiert. Der erste Wagen, den er erhielt, hatte 336.400 Kilometer am Tacho: "Die Mängel waren haarsträubend."

Doch der Russe ließ sich nicht entmutigen. Denn jetzt bekam er auch die Uber-Technologie für sein Auto. Der US-Technologiekonzern entwickelte eine Handy-App für Mietwagenfahrer. Auf das Handy geladen, können damit Fahrgäste – wenn als Uber-Kunden über Internet registriert – den Chauffeur anwählen. Funktaxi-Zentralen werden somit umgangen. Die Preise sinken, den Kunden freut es. Der Fuhrlohn jedoch kann nur mit Kreditkarte bezahlt werden. Uber ist mittlerweile weltweit in 128 Städten tätig (Details unten).

Chauffeure, in diesem Fall Stanislav Bergo, rechnen absolvierte Fahrten aber mit dem Taxiunternehmen ab, bei denen sie engagiert sind. Denn Uber zahlt an die Unternehmer, nicht an die Fahrer. "Und mit dieser überwiesenen Pauschale kann der Unternehmer anscheinend machen, was er will. In meinem Fall wurde ich wegen des Lohns immer wieder vertröstet. Ab und zu bekam ich Geld, dann wieder nicht. Ich lebte von der Hand in den Mund", so der Uber-Fahrer.

Um überhaupt im Geschäft zu bleiben, musste Bergo das Uber-Handy rund um die Uhr beobachten. Denn Kunden melden sich nur über die Handy-App. "Ich konnte nicht mehr schlafen. Denn ich wollte ja Geld verdienen. Also beobachtete ich das Gerät 80 Stunden in der Woche." Nach 25 Schichten, Schlafstörungen und keinem Cent in der Tasche gab Bergo auf: "Das ist moderne Sklaverei. Ich meldete alles dem Arbeitsamt und überlege mir eine Anzeige gegen den Taxiunternehmer."

AMS-Sprecher Sebastian Paulick bedauerte den Fall, sieht aber keine Verfehlung: "Die angesprochene Firma hat korrekt bei uns ihre Jobs inseriert. Abrechnungsmodalitäten fallen jedoch nicht in unseren Bereich."

Konsequenzen

Der KURIER konfrontierte auch den neuen Uber-Chef für Österreich, Rasoul Jalali, mit dem Vorgehen des Vertragspartners: "Ein Stundenlohn von 3,75 Euro ist nicht in unserem Sinn. Wir gehen der Sache nach."

Mehr zum Thema Uber können Sie auf der Futurezone-Seite nachlesen.

Im Juli 2014 startete der Online-Dienst Uber in Wien. Ziel ist und war es, das Taxifahren billiger zu machen. Allerdings leistete sich der US-Konzern keinen eigenen Fuhrpark und keine Chauffeure. Uber arbeitet mit lizenzierten Transport-Unternehmen wie Limousinen-Diensten zusammen. Der damalige Geschäftsführer Johannes Wesemann erklärte die Geschäftsidee folgend: "Auch Limo-Fahrer haben Stehzeiten. Diese können sie doch für Kunden in Wien nutzen. Die anderen stehen, wir fahren. So lautet das Motto."

Doch das System unterscheidet sich grundlegend von konventionellen Taxis. Denn über eine auf Smartphones geladene App melden sich Kunden mit Abholort und Zielpunkt an. Die Lenker müssen die von Uber zur Verfügung gestellte Smartphone-Einheit immer im Auge behalten. Über diese App erfolgt auch die Bestätigung an das Handy der Kunden, dass der Auftrag angenommen wurde. Der Fuhrlohn kann nur mit Kreditkarte bezahlt werden.

In anderen Ländern können Uber-Fahrer sogar mit ihren Pkw den Taxiunternehmen Konkurrenz machen. Ohne Konzession und Gewerbeschein. Schon im Juni 2014 protestierten in Berlin, London, Paris, Madrid, Lissabon, Chicago und Sao Paulo Taxler gegen dieses Geschäftsmodell, im September auch in Wien.

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