Die erste Fahrt in die neue Seestadt

Zugsicherheits-Chef Norbert Heinrich drückt kurz vor der Station Seestadt noch einmal aufs Tempo
Am Sonntag testen Anrainer erstmals die neue U2. Der KURIER fuhr vorab mit.

Am Sonntag dürfen einige Wiener erstmals die neue U2 probefahren. Für Norbert Heinrich ist die Strecke längst Routine. Der 42-jährige Leiter der Zugsicherung testet jeden neuen Streckenabschnitt auf Herz und Nieren, bevor er ihn für den regulären Betrieb freigibt. Wie oft er die Strecke schon gefahren ist, kann Heinrich nicht beantworten. Er zuckt mit den Achseln. „Ein paar Hundert Mal.“ Der KURIER durfte bei einer Testfahrt dabei sein.

In der Haltestelle Stadion geht die Fahrt los, noch auf der alten Strecke. Ruhig gleitet die U-Bahn durch die Stationen. In der Aspernstraße, wo andere Fahrer bremsen, zieht Heinrich den Schalthebel nach vorne.

Die erste Fahrt in die neue Seestadt
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Vollgas

Mit hohem Tempo geht es in die erste Kurve. „Wir testen jetzt Dinge, die ein normaler Fahrer nicht machen sollte“, sagt Heinrich. Dazu gehört auch überhöhte Geschwindigkeit. Wird ein Fahrer zu schnell, sollte er automatisch wieder eingebremst werden. Auch bei roten Haltesignalen reagiert die Anlage mit einer Zwangsbremsung.

Heute nicht. Für das automatische Fahrsystem werden noch die letzten Daten gesammelt. Sie helfen dem Fahrer dann im Normalbetrieb. Braucht es überhaupt noch Fahrer, wenn fast alles automatisch fährt? „Ja“, sagt Heinrich, „vor allem bei der Abfertigung des Zuges braucht es genaue Augen.“

Geisterstation

Drei neue Stationen werden am 5. Oktober eröffnet: Hausfeldstraße, Aspern Nord und Seestadt. Davor fährt Heinrich durch eine Station, die gar keine ist. In „An den alten Schanzen“ existiert nur der nackte Bahnsteig. „Diese Station wird erst ausgebaut, wenn auch genug Bewohner da sind“, erklärt Wiener Linien-Sprecher Dominik Gries. Derzeit sind dort nur Felder zu sehen. „Es ist trotzdem billiger, die Station schon jetzt vorzusehen“, sagt Gries.

360 Millionen Euro werden in die 4,2 Kilometer lange Strecke investiert. Vergleichsweise günstig, da die gesamte Strecke auf einer Hochtrasse geführt wird.

Die Station Hausfeldstraße soll zum neuen Verkehrsknotenpunkt der Donaustadt werden, hier wird auch die neue 26er-Bim halten. In Aspern Nord hingegen regiert die Kunst. Hier wurden auf Glasflächen Lebenslinien historischer Persönlichkeiten angebracht.

Seestadt

An der Endstation Seestadt erwarten einen nur Baukräne. Noch ist von dem neuen Stadtteil wenig zu sehen.

„Das Besondere an der neuen U2 ist, dass wir erstmals auf die grüne Wiese gebaut haben“, erklärt Wiener-Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer. „Das soll den nötigen Impuls für die Stadtentwicklung geben.“

In den nächsten Jahren sollen hier 8500 Wohnungen für 20.000 Menschen entstehen. „Schon jetzt profitieren aber 40.000 Donaustädter, die in den umliegenden Grätzeln wohnen“, sagt Steinbauer. Sie sind es auch, die am Sonntag zum ersten Mal die Strecke testen dürfen. Die offizielle Eröffnung erfolgt dann am 5. Oktober.

Telefonsprechstunde. Penetrant riechendes Essen, liegen gelassene Zeitungen oder laute Musik nerven viele Fahrgäste. Am Dienstag, 24. 9., beantwortet Wiener-Linien-Direktor Günter Steinbauer von 10.30 bis 11.30 Uhr alle Fragen und Beschwerden zum Thema Rücksichtnahme in Öffis. Rufen Sie an unter ☎ 01/52100 – 2303.

Die erste Fahrt in die neue Seestadt

Das Wiener U-Bahnnetz umfasst aktuell 101 Stationen, die sich auf 75 Kilometer Strecke aufteilen. Insgesamt gibt es fünf U-Bahnlinien, die längste ist die U6. Täglich sind mehr als 100 Züge im Einsatz, die mehr als 1,2 Millionen Fahrgäste befördern.

Ab 5. Oktober zählt die violette Linie nach 3-jähriger Bauzeit offiziell 21 Stationen. Damit macht die 4,2 km lange Neubaustrecke die U2 zur zweitlängsten U-Bahn- Linie Wiens. Sie verbindet die City mit dem 22. Bezirk und der neu entstehenden Seestadt Aspern. Neben den drei neuen Stationen soll in den nächsten Jahren noch die Station „An den alten Schanzen“ ausgebaut werden. Zusätzlich soll die U2-Strecke in südlicher Richtung verlängert werden. Derzeit werden noch verschiedene Routen diskutiert.

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