Trend: Im Drogenrausch hinter dem Lenkrad

Trend: Im Drogenrausch hinter dem Lenkrad
Bei Wiener Planquadrat standen 23 Pkw-Lenker unter Drogen. Zu wenige Amtsärzte in den Ländern.

Selbst für routinierte Polizisten war das Ergebnis des Planquadrats in Wien-Meidling eine gehörige Überraschung. Denn vorige Woche wurden bei nächtlichen Kontrollen 23 Drogen-Lenker aus dem Verkehr gezogen. Dem gegenüber stand ein einziger Alko-Fahrer mit 0,94 Promille. 20 der 23 Suchtgift-Lenker (Marihuana, Tabletten) wurde der Führerschein abgenommen.

Seit April 2015 macht die Wiener Polizei gegen Drogen hinter dem Volant mobil. Damals wurde die Verkehrsabteilung um 29 Kollegen aufgestockt, alle wurden auf die Drogenproblematik eingeschult. Für Oberst Josef Binder, den stellvertretenden Leiter der Verkehrsabteilung, sind Drogendelikte hinter dem Steuer keine Seltenheit: „Die Szene konzentriert sich natürlich auf Wien.“ Lenker konsumieren quer durch den Drogen-Dschungel.

Trend: Im Drogenrausch hinter dem Lenkrad
APA20782928-2_17102014 - WIEN - ÖSTERREICH: THEMENBILD: Illustration zur Pressekonferenz "Legalize! Österreich" - Parlamentarische Bürgerinitiative zur Herausnahme von Cannabis aus dem Suchtmittelgesetz" - Forderung nach staatlicher Regulierung und Legalisierung": Im Bild zieht eine Person am 13.7.2001 an einem Joint. (ARCHIVBILD VOM 13.07.2001) FOTO: APA/DPA/TORSTEN LEUKERT
Cannabis und Kokain sind jedoch stärker vertreten als Heroin oder synthetische Suchtmittel. „Wir hatten schon sehr junge Drogen-Lenker, aber auch Personen über 40 sind keine Seltenheit. Wobei Männer mit über 70 Prozent klar die größere Gruppe darstellen“, erklärt Binder.

Amtsärzte sind vor Ort

Möglich sind die hohen Aufgriffszahlen nur, weil für Schwerpunkt-Kontrollen in Wien genügend der 33 Amtsärzte zur Verfügung stehen. Denn die müssen bei den Planquadraten vor Ort sein. Entweder kann der Harntest gleich nach der Verkehrskontrolle durchgeführt werden, oder der Proband muss mit auf das Wachzimmer.

Für Wilhelm Saurma, Chefarzt der Wiener Polizei, zeigen Unfälle im Drogenrausch oftmals eine besondere Schwere: „Die Reaktionsfähigkeit der Lenker leidet enorm. Natürlich kommt es auf den Grat des Konsums an. Aber die Interpretationsfähigkeit der Fahrsituation ist in jedem Fall gemindert. Hinzu kommt eine aphrodisierende Wirkung.“

Bestätigen sich die – bei Kontrollen gewonnenen – Verdachtsmomente auch bei der amtsärztlichen Untersuchung, wird die Lenkerberechtigung mindestens einen Monat eingezogen. Zeigt sich bei Harn, Blut- bzw. Haarproben eine Drogenabhängigkeit, muss der Proband sechs Monate lang Suchtmittel-Tests absolvieren, sowie ein fachärztliches psychologisches Gutachten vorlegen. „Dabei spielt es keine Rolle, welche Drogen konsumiert wurden. Bei Promille-Führerscheinabnahmen wird auch nicht nach Getränkearten unterschieden“, erklärt Saurma.

Problem in den Bundesländern

Bleibt die Frage, ob die Dunkelziffer bei Drogen-Lenkern hoch ist? Saurma zum Status quo: „Ich gehe von einer sehr hohen Dunkelziffer aus. Nur durch die Kontrolldichte in Wien können beeinträchtigte Lenker eruiert werden.“ In den Bundesländern aber fehlt es an ausgebildeten Polizisten und an Amtsärzten. Der Weg in Landesspitäler oder zu Hausärzten dauert vielen Beamten zu lange, die wachsende Drogenproblematik wird ignoriert. Fazit: 2015 wurden in Wien 561 Drogen-Lenker angezeigt. Im restlichen Österreich waren es gesamt 507.

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