Wien will 40 Prozent mehr Gäste

Das Schloss Schönbrunn gehört gemeinsam mit der Wiener Innenstadt und dem Wurstelprater zu den beliebtesten Touristenattraktionen der Bundeshauptstadt.
18 Millionen Nächtigungen sollen bis 2020 erreicht werden. Sonntagsöffnung ist ein zentrales Thema.

Der Wiener Tourismus hat vier Rekordjahre in Folge hinter sich – jetzt will man mehr. Heuer soll erstmals die Grenze von 13 Millionen Nächtigungen pro Jahr überschritten werden. Und bis 2020 sollen noch einmal 40 Prozent dazukommen. 18 Millionen Nächtigungen, eine Milliarde Euro Hotellerie-Umsatz und 20 zusätzliche Metropolen, aus denen Wien per Direktflug erreichbar ist, lautet das ambitionierte Ziel.

Dabei verfolgen Stadt und Wien-Tourismus einen "Premium-Ansatz": "Egal, in welcher Kategorie, wir wollen die beste Qualität. Ob das jetzt beim Würstelstand ist, oder beim Hotelzimmer", sagt Norbert Kettner, Direktor von Wien-Tourismus. Das betreffe auch Taxis: "Die Autos sind besser geworden, die Rostlauben sind verschwunden. Dennoch müssen wir die Qualität beim Service verbessern."

Zu billige Hotellerie

Das Konzept geht auch von steigenden Zimmerpreisen aus. Bei 40 Prozent mehr Gästen will man 60 Prozent mehr Umsatz generieren. "Derzeit sind wir in Wien unterbewertet", sagt Kettner. Das hat auch damit zu tun, dass in Wien die Bettenanzahl in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Im Durchschnitt zahlt man in Wien für ein Hotelzimmer zwischen 90 und 100 Euro.

"Wien steht Städten wie London oder Paris kulturell und gastronomisch in keiner Weise nach. Aber die Zimmerpreise kann man einfach nicht vergleichen", sagt dazu Monique Dekker, General Manager des Park Hyatt Am Hof. Natürlich müsse man es jedem Hotel selbst überlassen, um welchen Preis sie ihre Zimmer anbieten, aber angesichts der Angebotsvielfalt in Wien könnte man in der Branche ruhig mehr verlangen.

Öffnungszeiten

In Bezug auf den erwünschten Gästezuwachs spricht Dekker zwei Punkte an: eine dritte Landebahn am Flughafen Schwechat sowie eine Öffnung der Geschäfte am Sonntag. Gerade für einen Städtetrip übers Wochenende seien geöffnete Shops ein wichtiger Faktor.

Diese Erfahrung machen auch Fremdenführer in Wien immer wieder. "Dass am Sonntag die Geschäfte geschlossen sind, macht Wien für Touristen nicht unbedingt attraktiver. Das wird von den Gästen ganz offen kritisiert", meint Ulrich Hahnkamper, Geschäftsführer von "Vienna à la Carte". Gegenüber anderen Metropolen sei das ein Standortnachteil.

Verbesserungen seien zudem im Detail möglich, meint der Fremdenführer: Etwa, was die Mehrsprachigkeit von Hinweisschildern und Stadtplänen angehe. Davon abgesehen, sei das Angebot für Touristen – Geschichte, Kultur, Events, Infrastruktur, Gastronomie und Hotellerie – aber sehr gut.

Auf die Ladenöffnung angesprochen, meint Bürgermeister Michael Häupl: "Ich habe Verständnis dafür, dass sich Touristiker für Sonntagsöffnungszeiten einsetzen. Ich persönlich habe auch nichts gegen die Sonntagsöffnung." Er stellt aber auch klar: "Solange es keine Sozialpartner-Einigung gibt, werde ich das nicht verordnen." Auch Diskussion um die Tourismuszonen seien noch nicht abgeschlossen. Hier wartet Häupl auf einen Vorschlag der Wirtschaftskammer (WK).

Josef Bitzinger, Chef der Sparte Tourismus in der Wiener Wirtschaftskammer, glaubt jedenfalls an die anvisierten Umsatzziele bis 2020. Für ihn ist vor allem die Positionierung des Flughafens als konkurrenzfähiger Verkehrsknotenpunkt (Hub) von zentraler Bedeutung.

Pro dritte Piste

Besondere Bedeutung käme der angestrebten Erschließung neuer Langstrecken-Destinationen zu. "Wenn uns Austrian und Lufthansa das nicht bieten, muss man eben den Markt aufmachen", meint Bitzinger.

Die umstrittene dritte Piste am Flughafen sei derzeit zwar "nicht rasend akut", langfristig aber ein Muss. Zum einen könne man dadurch mehr Verkehr bewältigen, zum anderen die Flugbewegungen im Interesse der Anrainer besser verteilen.

"Auf dem richtigen Weg" sieht auch Willy Turecek, WK-Obmann der Sparte Gastronomie, die Tourismusstrategie. Im internationalen Vergleich sei das Gastro-Preisniveau angemessen und auch punkto Sperrstunde habe man viel aufgeholt (2 Uhr für Gasthäuser und Restaurants, 4 Uhr für Bars und 6 Uhr für Discos). Mehr Entgegenkommen der Behörden punkto Lärm-Auflagen würde sich Turecek bloß bei der Genehmigung neuer Schanigärten wünschen.

Die vielen Demonstrationen am Ring haben zuletzt vor allem den Handel in Missstimmung versetzt. Bis zu 50 Prozent Minus würden sie an Demo-Tagen machen, rechneten die Kaufleute der Innenstadt kürzlich vor. Aber auch Touristen können meist wenig mit Demonstrationen anfangen.

"Im Vergleich zu Paris, Berlin oder Brüssel haben wir weit weniger Demos", sagt Wiens Tourismusdirektor Norbert Kettner. Er spreche sich nicht gegen Demonstrationen am Ring aus, denn das Demonstrationsrecht sei ein Grundrecht und damit ein hohes Gut. Dennoch fordert Kettner mehr Augenmaß von Veranstaltern: "Ich wünsche mir weniger irrelevante Demonstrationen am Ring." Diese seien vor allem unangenehm für Touristen, die mit dem Bus anreisen. "Aber auch für die Betreiber von Sightseeing-Bussen ist das ein Problem", sagt Kettner. Viele Touristen würden diese Möglichkeit schätzen, um die Sehenswürdigkeiten am Ring zu besichtigen.

Jene Touristen, die Öffis nutzen, verstehen dagegen oft die Durchsagen von Fahrplanänderungen nicht und warten vergeblich am Ring auf eine Bim.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner will die Möglichkeit prüfen, sogenannte "Spaß-Demos" an andere Orte zu verlegen. Verfassungsrechtler sehen dabei aber wenig Handlungsspielraum.

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