Ottakring: Firmenchef vor Explosion ermordet

Mordalarm: Bevor die Handgranate explodierte, wurde Zlatko N. in den Kopf geschossen. Die getöteten Männer waren Geschäftspartner
Familienvater in den Kopf geschossen, doch die Waffe fehlt. Ermittlungen wegen Menschenhandels.

Das Obduktionsergebnis bestätigte den Verdacht der Ermittler: Die Handgranaten-Explosion Samstagnacht in Wien-Ottakring hatte einen Mord als Hintergrund. Wie berichtet, explodierte kurz vor drei Uhr morgens in einem BMW X5 in der Odoakergasse 27 eine Handgranate. Zwei Männer kamen dabei ums Leben. Und es ist durchaus möglich, dass SPÖ-Gemeinderat Zlatko N. an einem anderen Ort erschossen – und erst dann ins Auto gesetzt wurde. Das stärkste Indiz dafür: Die Waffe wurde nicht im Auto gefunden. Der oder die Täter muss bzw. müssen sie also mitgenommen haben. Wie berichtet, fürchtete sich der Unternehmer vor der Ost-Mafia. In diesen Kreisen könnte auch der Täter zu finden sein – vermutlich ist der aber schon über alle Berge.

Anderer Tatort?

Ottakring: Firmenchef vor Explosion ermordet
Handgranatenopfer Zlatko Novakovic, Mondsee, OÖ

Galt bis Dienstagmittag noch ein Unfall als mögliche Variante, bestätigte die Obduktion den Mord an Zlatko N., 45. Der Familienvater aus Mondsee (OÖ) wurde von drei Schüssen in Kopf und Brust getroffen. Und zwar von hinten. Er saß am Fahrersitz des geparkten BMW mit bulgarischen Kennzeichen. Laut Obduktion explodierte die Granate in der Hand des zweiten Todesopfers, dem Deutschen Waldemar W., 57. Er saß am Beifahrersitz.

KURIER-Recherchen ergaben, dass die Männer gemeinsam eine Art Spedition in Wals-Siezenheim (Salzburg) führten. Das Büro der Trans Norix KG ist ein Raum mit einem Schreibtisch. Die Firma wurde im April 2012 gegründet. Waldemar W. legte jedoch seine Position als Geschäftsführer im Oktober zurück. Ein weiterer Geschäftsführer (Name der Redaktion bekannt) scheint noch im Firmenbuch auf. Die Spedition dürfte pleite gewesen sein. Ein vorerst mögliches Szenario war, dass die beiden Geschäftspartner im Wagen in Streit gerieten und sich gegenseitig mit Waffe und Handgranate bedrohten. Nachdem Zlatko N. tödlich getroffen wurde, versuchte der Schütze die entsicherte Handgranate seinem Opfer aus der Hand zu nehmen und aus dem Fahrzeug zu werfen. Doch der Sprengkörper explodierte.

Ottakring: Firmenchef vor Explosion ermordet
Lokalisierungskarte Wien Grafik 0051-14-Wien.ai, Format 42 x 78 mm

Der Tatort liegt ganz in der Nähe der Wiener Wohnung von Waldemar W. in der Nauseagasse 28. Dort war der Deutsche so gut wie unbekannt. Ein Nachbar, Jakupi Schkri: „Ich hab’ den Herren nur ein Mal gesehen. Alle anderen Parteien kennen sich aber gut.“

W. und der noch tätige Geschäftsführer mieteten auch ein Zimmer in der Salzburger Gemeinde Eugendorf. Dort hatte die Vermieterin nur Probleme mit den Männern: „Sie blieben mir immer Geld schuldig.“ Noch Freitag um 22 Uhr gab es Streit um den Zimmerschlüssel.

Menschenhandel

Beamte des Salzburger Landeskriminalamtes ermitteln bereits im geschäftlichen Umfeld der Toten. Seit Dienstag wird in dem Fall auch wegen Schlepperei und Menschenhandels erhoben. Auch die Finanz ermittelt. Zlatko N., ein orthodoxer Serbe, hatte Geschäftskontakte in seine Ex-Heimat Bosnien sowie nach Bulgarien. Laut Zeugen ließ der erschossene Lokalpolitiker immer wieder Bosnier und Rumänen im Firmensitz übernachten. Junge Männer sollen auch in Autos auf dem Parkplatz geschlafen haben.

Bilder vom Tatort:

Bei der Rekonstruktion des Tathergangs stehen die Ermittler vor vielen Puzzle-Teilen: Als gesichert gilt, dass die explodierte Handgranate nicht von außen ins Fahrzeug geworfen wurde, sondern drinnen ausgelöst wurde. Handgranaten verfügen über einen Sicherungssplint. Den kann man gefahrlos abziehen, solange man die Granate weiterhin samt dem Sicherungsbügel festhält. Erst wenn man den Sicherungsbügel loslässt – idealerweise beim Werfen – löst ein Verzögerungszünder aus. Nach drei bis vier Sekunden kommt es zur Detonation.

Handgranate

Ottakring: Firmenchef vor Explosion ermordet
Auch wenn man den Sicherungsbügel nur kurz loslässt, explodiert die Granate. Genau das scheint dem Deutschen passiert zu sein. Der Sicherungssplint lag im Fahrzeug. Daraus resultieren für die Fahnder nun zwei Möglichkeiten.

Es könnte ein professioneller Mordanschlag gewesen sein. Ein Attentäter schießt auf Zlatko N. Waldemar W. will die Handgranate nach außen werfen, was ihm aber aufgrund unsachgemäßer Handhabung nicht gelingt. In diesem Fall hat der Täter mit einem Revolver geschossen oder mit einer Pistole mit einem Hülsenfangsack, weil keine Patronenhülsen gefunden wurden. So gehen nur Profis vor. In diesem Szenario scheinen für die Fahnder die Spuren nach Bulgarien interessant zu sein.

Es könnte ebenso möglich sein, dass Zlatko N. bereits tot war, als er in den Wagen gesetzt wurde. Was mit Waldemar W. passierte, bleibt aber rätselhaft.

Oder es kam zu einer Auseinandersetzung zwischen den Männern. Der in seiner wirtschaftlichen Existenz bedrohte Zlatko N. drohte mit der Handgranate. Waldemar W. erschießt seinen Ex-Partner und versucht, die Handgranate, die seinem Opfer aus der Hand gefallen war, aus dem Fenster zu werfen – was ihm aber nicht gelingt. Doch diese Theorie hat einen Haken: Denn da fehlt das wichtigste Beweismittel – die Schusswaffe.

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