Tod eines Anwalts: Suche nach Millionen

Tod eines Anwalts: Suche nach Millionen
Hoch verschuldeter Jurist nahm sich das Leben. Eine Erpressung wird nicht ausgeschlossen.

Der Tod eines Wiener Rechtsanwaltes beschäftigt nun auch die Polizei. Vor rund zwei Wochen erschoss sich der Innenstadt-Advokat Michael M. in seiner Kanzlei. Abschiedsbrief hinterließ er keinen. Doch, wie sich nun herausstellte: Es fehlen Millionen an Klientengeldern. "Ja, es liegt eine Anzeige wegen des Verdachts der Untreue vor", bestätigt ein Polizei-Sprecher. Der 55-jährige Jurist dürfte mit dem Geld seiner Klienten private Schulden getilgt haben.

Lebemann

Michael M. arbeitete seit Jahrzehnten in seiner Kanzlei in der Wiener City. Das Geschäft ging gut. Als "Eintreibungskanzlei" vertrat er speziell Versicherungen. Und M. ließ es sich auch gut gehen. Er besaß eine Porsche-Sammlung und nahm hin und wieder mit dem legendären "Flügeltür-Mercedes" 300 SL an Oldtimer-Rallyes teil. Er hatte eine Segelyacht im Mittelmeer, eine Wohnung in Kitzbühel und fuhr zeitweise einen Maserati.

Vor wenigen Monaten wurde M. von seiner dritten Frau geschieden. Gleichzeitig dürften ihn massive Geldprobleme geplagt haben. Sein Segelboot wurde verpfändet, die exklusive Auto-Sammlung musste er verkaufen. Auch das Haus, das er eben erst gekauft hatte, musste er wieder veräußern.

Seit M.’s Freitod durchforsten zwei Anwaltskanzleien, die als Stellvertreter bestellt wurden, die Akten auf der Suche nach dem fehlenden Geld. Doch sie haben nur begrenzten Einblick in die Finanzen. Zudem müssen rund 8000 Akten durchgearbeitet werden. Durch die Anzeige soll nun geklärt werden, ob die fehlenden Millionen vielleicht doch noch auf bisher unbekannten Konten liegen. Um die Geldflüsse nachvollziehen zu können, müssen diese Konten geöffnet werden – das geht nur auf Anordnung der Staatsanwaltschaft. Und: "Es wird geprüft, ob weitere Personen beteiligt sind", erklärt Nina Bussek von der Staatsanwaltschaft Wien.

Über die Hintergründe herrscht Rätselraten. Doch Juristenkollegen befürchten: Michael M. könnte erpresst worden sein. Wie es mit der Kanzlei weitergeht, ist noch nicht geklärt. Ein Konkurs ist wahrscheinlich.

Klientenschutz

Theoretisch sollte es kaum noch möglich sein, dass Anwälte Klientengeld veruntreuen. Oder wie die damalige Justizministerin Beatrix Karl in einer parlamentarischen Anfrage-Beantwortung erklärte: „Mit den erfolgten Änderungen der Rechtsanwaltsverordnung 2010 ist es gerade im Bereich der anwaltlichen Treuhandschaften zu erheblichen Verbesserungen beim Klientenschutz gekommen.“ Nachsatz: „Leider muss aber auch klar sein, dass Fälle einer bewussten Schädigung wohl nie verhindert werden können.“

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