Wiener City wird zur Polizeifestung

Die Polizei ist nach der Warnung in erhöhter Alarmbereitschaft.
Polizei holt sich zu Silvester Verstärkung. ÖBB und Wiener Linien führen verstärkt Kontrollgänge durch. Polizei prüft mögliche Verletzung des Amtsgeheimnisses.

Die Aufbauarbeiten laufen auf Hochtouren. Erste Standler haben bereits ihre Plätze bezogen und verkaufen Glücksbringer. In zwei Tagen werden wieder Hunderttausende Besucher am Silvesterpfad in das neue Jahr tanzen. Doch die Riesenparty in der Innenstadt wird dieses Jahr von einer Terrorwarnung überschattet. Die österreichischen Behörden wurden von einem befreundeten Geheimdienst davor gewarnt, dass es in den kommenden Tagen in zahlreichen europäischen Hauptstädten – also auch in Wien – zu Sprengstoff- und/oder Schussattentaten kommen könnte.

Dementsprechend wurde schon am Wochenende das Polizeiaufgebot in der Stadt erhöht. In den kommenden Tagen sollen es noch mehr Beamte auf den Straßen werden. Dazu gab es Montagvormittag eine Sicherheitsbesprechung der Polizei – zunächst intern, am frühen Nachmittag gemeinsam mit den Wiener Linien und den ÖBB. Ergebnis: 250 zusätzliche Polizisten aus Niederösterreich, dem Burgenland und der Steiermark werden die Wiener Kollegen zu Silvester verstärken. "Auch Cobra und WEGA wurden eingewiesen", sagt Polizeisprecher Patrick Maierhofer. Außerdem werden im Verdachtsfall Ausweiskontrollen durchgeführt. "Beispielsweise, wenn jemand eine große Tasche mit hat."

Es gebe aber keine weiteren Hinweise auf eine konkrete Bedrohung. Maierhofer: "Von unserer Seite gibt es daher keine Empfehlung an den Veranstalter, den Silvesterpfad abzusagen oder an Teilnehmer, nicht hinzugehen."

Wiener Linien und ÖBB

Während bei der Polizei die diensthabende Mannschaft aufgestockt wird, geht es bei den Wiener Linien und den ÖBB vor allem darum, das Personal zu sensibilisieren. "Unsere Mitarbeiter sind angewiesen, verstärkt auf verwaiste Gegenstände oder zurück gelassene Gepäckstücke zu achten und im Verdachtsfall die Leitstelle zu informieren", sagt Wiener Linien-Sprecher Answer Lang. Zudem sei man seit Tagen in ständigem Kontakt mit der Polizei.

Das selbe gilt auch bei den ÖBB. "Unser Personal wird verstärkt Kontrollgänge durchführen. Vor allem an den Bahnhöfen sind die Mitarbeiter angewiesen, auf herrenlose Koffer zu achten", sagt Sprecher Michael Braun.

Keine Angst

Wiener City wird zur Polizeifestung
SIlvesterpfad
Die Standler spüren die verstärkte Polizeipräsenz: "Es sind eindeutig mehr Polizisten da, die sichtbar ihre Waffe tragen. Aber wir haben keine Angst. Ein Anschlag lässt sich ohnehin nicht verhindern, auch nicht mit mehr Polizei", meint Johanna Motalik, die gemeinsam mit Traude Troch Glücksbringer am Stephansplatz verkauft. "Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen", sagt Troch.
Wiener City wird zur Polizeifestung
Standler
Auch Standler Arifi Baskim meint: "Das kann man nicht verhindern. Ich werde trotzdem hier stehen." Dass mehr bewaffnete Beamte im Einsatz sind, ist auch Touristen aufgefallen. "Wir sind seit Samstag hier und uns ist sofort die Polizei mit Sturmgewehren aufgefallen. Das ist schon sehr ungewöhnlich. Angst haben wir aber keine", sagt Klaus A. aus Stuttgart. Claudia D. aus Hamburg ist mit ihrer Familie in Wien: "Wir wollten eigentlich nach Paris fliegen, haben uns nach den Anschlägen aber für Wien entschieden. Ich finde es sehr beruhigend, dass man viele Polizisten sieht."
Wiener City wird zur Polizeifestung
APAHOG05 - 01012009 - WIEN - OESTERREICH: ZU APA-TEXT CI - Zahlreiche Wiener und Touristen aus aller Herren Laender feiern am Mittwoch, 31. Dezember 2008, den Jahreswechsel 2008/2009 auf dem Silvesterpfad in der Wiener Innenstadt. Im Bild: Feuerwerk zum Jahreswechsel beim Stephansdom und dem Haas-Haus. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH

"Es ist wichtig, keine Hysterie zu verbreiten"

Der Silvesterpfad ist zwar die größte Partymeile der Stadt, aber natürlich nicht der einzige Ort, an dem Wiener oder Touristen das neue Jahr willkommen heißen. Auch der Riesenradplatz ist am letzten Abend des Jahres ein Publikumsmagnet. Grund zur Panik sieht man aber nicht. „Wir haben aber natürlich unsere eigenen Securitykräfte vor Ort, werden unsere Vorkehrungen verstärken und stehen ständig in engem Kontakt mit der Polizei“, heißt es.

Einige Tausend Personen werden den Silvesterabend auch im MuseumsQuartier verbringen – in den Restaurants, Clubs oder mit Otto Schenk in der Halle E. Zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen müssten aufgrund der derzeitigen Warnung aber keine getroffen werden, erklärt Direktor Christian Straßer. Denn das MuseumsQuartier sei immer ein sicherer Ort. „Der Sicherheitsdienst, der die Eingänge kontrolliert und durch das Gelände geht, ist immer vor Uhr vor Ort.“

Im Kabarett Simpl, in dem am Silvesterabend das Stück „Bitte alle aussteigen“ gezeigt wird, ist man in Verbindung mit der Polizei. Auch hier sieht man derzeit keine Notwendigkeit dafür, die bereits bestehenden Aktionen zum Schutz der Besucher weiter zu verstärken.

In der Ottakringer Brauerei werden in der Silvesternacht etwa 4000 Personen zum Event „Mama, ich komm nächstes Jahr“ erwartet. Veranstalter Thomas Fermüller besprach die Vorsichtsmaßnahmen am Montag noch einmal mit Sicherheitschef Herbert Wagner. „Der Schutz unserer Gäste hat jedenfalls oberste Priorität“, sagt Fermüller. „Aber es ist wichtig in der derzeitigen Situation, keine Hysterie zu verbreiten.“

"Kein Angriffspunkt"

Sicherheitschef Herbert Wagner sieht keinen Grund zur Besorgnis. „Aus meiner Sicht ist Wien nicht Angriffspunkt Nummer eins für einen Anschlag. Wir standen dieses Jahr ja auch schon während des Song Contests im Mittelpunkt der Welt und auch da gab es keinen Anschlag.“ Dazu kommt in der Brauerei – im Unterschied zum Silvesterpfad – auch die zusätzliche Barriere der Zugangskontrolle. Wagner: „Wir können also jede Person mustern, die das Lokal betritt.“

Generell sind die Sicherheitsmaßnahmen an vielen Veranstaltungsorten in der Stadt bereits seit den Terroranschlägen in Paris am 13. November noch einmal intensiviert worden. Christian Trummer, Geschäftsführer des Sicherheitsdienstes SES (Special Event Security)dazu: „Wir führen zum Schutz der Gäste seit vergangenem Monat im ganzen Land vermehrt Einlasskontrollen und Leibesvisiten durch. “

Die Wiener Polizei prüft, ob gesetzeswidrig interne Informationen zur jüngsten Terrorwarnung an Medien weitergegeben wurden. Ist dies der Fall, müsste ein Verfahren wegen Amtsmissbrauches eingeleitet werden, erklärte der Pressesprecher der Wiener Polizei am Montag gegenüber der APA.

Dabei geht es um Informationen zur jüngsten Attentatswarnung an europäische Hauptstädte, die die Wiener Polizei vom Verfassungsdienst erhalten hat. Sie wurden intern an die Kollegen weitergegeben. Sollten dieses Dokumente tatsächlich an Medien weitergeleitet worden sein, könnte das Amtsgeheimnis verletzt worden sein. Besteht dieser Verdacht, wäre die Polizei verpflichtet, diesen zu verfolgen, denn Amtsmissbrauch ist ein Offizialdelikt. In den nächsten Tagen werde zunächst einmal geklärt, was genau wem weitergegeben wurde, betonte der Polizeisprecher zu einem Bericht des Online-Portals NZZ.at über interne Ermittlungen.

Dienstagvormittag hatten die polizeiinternen Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs im Zuge der Terrorwarnung noch keine konkreten Ergebnisse gebracht. Man sei von Journalisten mit an sich geheimen Details konfrontiert worden, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag. So seien etwa die Namen der Verdächtigen genannt worden. Publiziert worden seien die brisanten Informationen aber noch nicht, hieß es weiter.

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