Terror-Angeklagter will Doppelspion sein

Die Anklage ist fertig
"Emirat Kaukasus".Wiener Geschworene sollen klären, was 2012 im Lopota-Tal passiert ist.

Es ist eine harte Prüfung für acht Wiener Geschworene: Der Staatsanwalt beginnt bei der Unabhängigkeitserklärung der russischen Teilrepublik Tschetschenien 1991, erstreckt seinen Anklagevortrag über die Ausrufung des IS-Ablegers "Emirat Kaukasus" und stellt nach einer guten Stunde die Frage: "Was geht das uns an?"

Seine Antwort: Österreich dürfe kein Rückzugsort für Terrorristen werden. Deshalb wird dem Konventionsflüchtling Magomed Ibragimov wegen eines Feuergefechts im Lopota-Tal im georgisch-russischen Grenzgebiet, bei dem der Angeklagte 2012 als Kommandant einer Terror-Kampftruppe drei georgische Offiziere ermordet haben soll, in Wien der Prozess gemacht. Der Ankläger sieht in dem 38-Jährigen einen der Anführer des radikal-islamistischen "Emirats Kaukasus", der in der russischen Teilrepublik Dagestan Terroranschläge habe verüben wollen, und den man nach seiner Rückkehr nach Österreich nicht unbehelligt hier leben lassen könne.

Nicht zuständig

Auch Verteidiger Wolfgang Blaschitz stellt die Frage: "Was geht uns das an?" Man könne die Ereignisse im Lopota-Tal hier nicht aufklären, dafür seien die Gerichte in Russland, Tschetschenien oder Georgien zuständig. Magomed Ibragimov sei kein Terrorist, er habe im Gegenteil Terror-Straftaten verhindert. Der tschetschenische Präsident Ramzan Kadyrow höchstpersönlich habe Ibragimov als Mitglied des russischen Geheimdienstes ins Lopota-Tal entsandt, um dort zu spionieren. Mit der gleichen Masche hat schon – sehr erfolgreich – ein Kampfgefährte von Magomed Ibragimov gearbeitet, den man inzwischen für den Drahtzieher des Terroranschlags auf den Istanbuler Flughafen im Juni 2016 mit 44 Toten hält. 2012 wurde dieser Achmed Tschatajew laut Anwalt Blaschitz in Österreich "sehr zuvorkommend" behandelt. Er durfte seinen Namen in David Mayer ändern und das Land verlassen, bald darauf soll er sich der IS-Terror-Miliz angeschlossen haben.

Und was sagt der Angeklagte selbst? Er will nicht nur ein Geheimagent, sondern sogar ein Doppelagent sein. Kadyrow habe ihn unter Folter gezwungen, für den Geheimdienst zu arbeiten. Gleichzeitig habe er der österreichischen Polizei aber Zunds geliefert, welche Mordkomplotte Kadyrow in Auftrag gegeben habe.

Der Terrorprozess ist für mehrere Tage angesetzt.

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