Spitäler bevorzugen teurere Leiharbeiter

Spitäler bevorzugen teurere Leiharbeiter
Der aktuelle Bericht des Kontrollamts fördert seltsame Vergabepraktiken in den Wiener Krankenhäusern zutage.

Von der Personalnot in der AKH-Geburtenstation bis hin zu fragwürdigen Vergabepraktiken: Das Kontrollamt zeigt in seinem aktuellen Bericht Missstände in Wiens Gemeindespitälern auf.

Personal

Wie berichtet, sind 2010 kriminelle Praktiken bei der Vergabe von Reinigungsaufträgen aufgeflogen. Die Fälle – ein Gutachten spricht von Nötigung, Erpressung und Korruption – sind allesamt gerichtsanhängig oder liegen noch beim Korruptionsstaatsanwalt. Das Kontrollamt kritisiert vor allem die Gewichtung und Bewertung der Zuschlagskriterien seitens der Vergabekommission.

Ein Nebenschauplatz für das Kontrollamt: Merkwürdigkeiten beim Einsatz von Leiharbeitskräften. Die zuletzt 1994 AKH-Leiharbeiter (Küche, Reinigung, Hausarbeiter aber auch Kanzleikräfte) sollten nach Meinung der AKH-Verantwortlichen billiger sein als Eigenpersonal. Die nunmehr erfolgte genaue Durchsicht hat dieses jedoch zum Großteil widerlegt: Die Kosten von 19 bis 26 € pro Einsatzstunde würden jene von Eigenpersonal nur bei niederen Diensten unterschreiten, in den meisten Fällen aber gleich hoch oder sogar teurer sein.

Dennoch hat man im Krankenanstaltenverbund geliehenen Arbeitskräften den Vorzug gegeben: So hat man von den rund 28.000 Spitalsbeschäftigten in Wien im Vorjahr zwar 438 Beschäftigte abgebaut, sie aber in der Praxis durch 661 Leiharbeiter ersetzt. Und das bei einigen merkwürdigen Ausschreibungen sogar recht lukrativ entlohnt.

Kontrollamtsempfehlung: Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen der Entlohnungspraxis. Und weiter: Vor künftigen Auftragsvergaben sollte man wenigstens Personalbedarfsanalysen und Kostenvergleiche vornehmen.

Hebammen

Die Arbeitssituation der Hebammen am AKH sorgte in den den vergangenen Jahren für Schlagzeilen. Der Konflikt gipfelte im Jahr 2010, als sie gegen ihre unzumutbaren Arbeitsbedingungen und akuten Personalmangel demonstrierten. Das Kontrollamt ortet als Auslöser der Misere eine „über mehrere Jahre nicht gelöste Führungsproblematik“. Der Bericht zeichnet anschaulich die jahrelange vergebliche Suche nach einer Stationshebamme nach. Seit vergangenem November gibt es immerhin eine Oberhebamme. Dennoch: „Die personelle Situation stagniert seit dem Arbeitskampf 2010“, sagt ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec. Die Besetzung der Nachtdienste sei weiterhin ein massives Problem.

Auffällig sind die Gehaltsunterschiede im Bundesländer-Vergleich: Das Einstiegsgehalt für eine Hebamme in Wiens Gemeindespitälern betrug 2010 1785,76 €, im LKH NÖ hingegen 2405,34 €. Im Vorjahr gab es allerdings in Wien eine Gehaltserhöhung von ca. 350 €.

Turnusärzte

Sie müssen nach wie vor häufig Tätigkeiten ausführen, für die sie eigentlich nicht zuständig sind. Zwar muss seit 2008 jedes Jahr für die Gemeindespitäler eine Vereinbarung getroffen werden, bei der es um die Übernahme bestimmter ärztlicher Tätigkeiten durch das Pflegepersonal geht. Doch der Umfang der an das Pflegepersonal delegierten Tätigkeiten habe sich seit dem erstmaligen Abschluss kaum verändert, kritisieren die Prüfer.

Reaktionen: Schiebung, Überforderung, Lob

Das Kontrollamt bestätige die Vorwürfe, dass bei der Vergabe eines 50-Mio.-€-Reinigungsauftrags im AKH das nachträglich eingeführte Qualitätskriterium zum Bereich „Senior-Manager“ kritikwürdig sei, s agt VP-Gemeinderätin Ingrid Korosec. Die Einführung des Kriteriums hatte den umstrittenen Auftrag für die Firma AGO erst ermöglicht. Davor war man nur der teurere Zweitbieter gewesen.

„Es gibt einen klaren Trend zu Mehrlingsschwangerschaften auf Grund von künstlicher Befruchtung in Österreich“, entschuldigt SP-Gemeinderat Kurt Wagner die vom Kontrollamt festgestellte Überforderung der Geburtshilfen in öffentlichen Spitälern. „Kinderwunsch darf nicht Geschäftemacherei sein. Wenn bei Schwangerschaften dann Probleme auftreten, sind es nämlich die öffentlichen Spitäler, welche für die Betroffenen sorgen müssen.“

Dass der Kontrollamtsbericht auch Lob festhält, entdeckte SP-Gemeinderätin Gabriele Mörk: „Die Kontrolle lobt die steigende Qualität der Pflegeheime und bestätigt die angemessenen Errichtungskosten der neuen Häuser.“ Nachholbedarf gibt es aber noch in Pensionistenwohnhäusern.

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