Sensationsfund auf jüdischem Friedhof

Besichtigung eines jüdischen Friedhofs (15. Jhdt.) mit Stadtrat Andreas Mailath-Pokorny und dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde, Oskar Deutsch. Wien am 02072013, Seegasse 11.
Arbeiter entdeckten in der Seegasse 20 historische Grabsteine, die in der NS-Zeit vergraben wurden.

Wohl kaum jemand, der am Seniorenwohnheim Rossau (Alsergrund) vorbeispaziert, ahnt, dass sich in seinem Hof ein kulturhistorisches Kleinod befindet: Der älteste erhaltene jüdische Friedhof Wiens, dessen Geschichte bis in das 16. Jahrhundert zurückreicht. „Ein Ort, der wichtige Kapitel der Stadt im Zeitraffer erzählt“, sagt Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokornoy (SPÖ).

Seit 2008 wird die rund 2200 m² große Begräbnisstätte in der Seegasse mit Mitteln der Stadt, des Bundesdenkmalamts und der Kultusgemeinde renoviert.

Im Zuge der Bauarbeiten machten die Restauratoren vor Kurzem einen sensationellen Fund: Rund 20 umgelegte Grabsteine, die unter der Erde vergraben waren.

Die Steine dürften aus dem 18. Jahrhundert stammen. Eine genaue Untersuchung folgt noch, helfen sollen dabei historische Inventarlisten. Bodenradar-Messungen zeigen jetzt schon, dass auf dem Friedhof noch zahlreiche weitere Grabsteine vergraben sein müssen.

Tragischer Hintergrund

Doch was hat es mit den Funden auf sich? Und warum wurden die Steine unter der Erde versteckt?
Alles deutet darauf hin, dass ihr Fund ein besonders tragisches Kapitel aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde Wiens enthüllt: Im Jänner 1941 beschloss die Ratsherrensitzung die Auflösung aller jüdischen Friedhöfe der Stadt. Dies führte zur Schändung und Zerstörung von Gräbern.

1943 ordneten die NS-Behörden dem jüdischen Ältestenrat an, den Friedhof Seegasse binnen dreier Monate zu räumen. In ihrer Verzweiflung verbrachten die Gemeindemitglieder mehr als 200 Steine heimlich auf den Zentralfriedhof und vergruben sie dort.
70 Jahre versteckt Manche Grabsteine waren aber offenbar zu schwer für den Transport, weshalb sie gleich an ihrem bisherigen Standort versteckt wurden. Dort überdauerten sie die folgenden sieben Jahrzehnte.

Bildergalerie: Der alte Friedhof in der Seegasse

Sensationsfund auf jüdischem Friedhof

Besichtigung eines jüdischen Friedhofs (15. Jhdt.)…
Sensationsfund auf jüdischem Friedhof

Besichtigung eines jüdischen Friedhofs (15. Jhdt.)…
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Sprechender Fisch, Friedhof Seegasse…
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Jüdischer Friedhof Seegasse, Simeon, Sprechender F…
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Besichtigung eines jüdischen Friedhofs (15. Jhdt.)…
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Jüdischer Friedhof, Zentralfriedhof, Wien…
Sensationsfund auf jüdischem Friedhof

Alter Jüdischer Friedhof, Zentralfriedhof…

In den nächsten Jahren werden die Steine restauriert und wieder an ihrem ursprünglichen Platz aufgestellt. So soll der Friedhof sein ursprüngliches Gesicht wiederbekommen. „Der Friedhof ist von enormem historischen Wert“, sagt Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien. „In seiner Bedeutung steht er sogar in Konkurrenz mit dem jüdischen Friedhof in Prag.“ Er kann sich gut vorstellen, dass die Seegasse künftig ein interessantes Ziel für Touristen wird.

Der jüdische Friedhof in der Seegasse wurde um 1540 angelegt. Aus dieser Zeit stammt jedenfalls der älteste Grabstein. Zum Friedhof gehören rund 350 heute noch erhaltene Grabdenkmäler. Zahlreiche prominente Vertreter der jüdischen Gemeinde Wiens wurden hier beigesetzt, etwa der Rabbiner Menachem Hendel (gest. 1611) oder der Bankier Samuel Oppenheimer (1703).

Die in der NS-Zeit auf den Zentralfriedhof verbrachten Grabsteine wurden Anfang der 80er-Jahre entdeckt und wieder in die Seegasse gebracht. 1984 wurde der Friedhof wieder eingeweiht. 2008 startete die zunächst auf acht Jahre geplante Sanierung. Aufgrund der aktuellen Grabstein-Funde dürfte sie allerdings länger dauern.

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