Illegale Autorennen mitten in der Stadt

Drogenboss Braga veranstaltet ein illegales Straßenrennen, um einen weiteren Fahrer für einen Drogentransport anzuwerben.
Die Saison für illegale Straßenrennen hat begonnen. 100 bis 200 Raser gibt es in Wien.

Ihre Treffpunkte sind die Parkplätze von Tankstellen und Discos. Ihr Revier ist die Straße. Und ihr Feind die Polizei. 100 bis 200 junge Autofahrer umfasst der harte Kern der Roadrunner-Szene in Wien. Vor allem an den Wochenenden geben die Adrenalin-Junkies mit ihren aufgemotzten Autos Gas und veranstalten nachts illegale Wettrennen. Die Saison hat gerade erst begonnen. Auf Autobahnen, Bundesstraßen oder auch am Ring in Wien.

Und genau da stoppten Polizisten vor einer Woche zwei Raser, die sich zwischen Burg- und Schottenring ein Rennen lieferten – mit bis zu 142 km/h. Ein Österreicher und ein Norweger, einer im Porsche, der andere im BMW, schlängelten sich im Slalom durch den Verkehr. Von Ampel zu Ampel. Und das vor den Augen der Polizisten, die das stattfindende Gumball-Rennen im Blick hatten. Während die Teilnehmer der internationalen Sportwagen-Ausfahrt (darunter David Hasselhoff) kaum auffielen, schlugen die beiden Fans gehörig über die Stränge. Den jungen Männern droht ein mehrmonatiger Führerschein-Entzug.

Illegale Autorennen mitten in der Stadt
Roadrunner, Straßenrennen, Roger Janusch, Andreas Ganglmayer (re.), Wiener Verkehrspolizei
Bezirksinspektor Andreas Ganglmayer und Revierinspektor Roger Janusch von der Wiener Polizei beschäftigen sich seit Jahren mit der Szene. „Samstagabend bekommt man auf den Tankstellen in der Triester- oder der Wagramerstraße gar keinen Platz mehr“, erzählen sie. Denn dort stehen die jungen Autolenker mit ihren blitzblank geputzten Wagen (vorwiegend deutsche Fabrikate). „Die nehmen sich ihre Campingstühle mit, trinken Red Bull und reden über Autos.“

Ruhm und Ehre

Illegale Autorennen mitten in der Stadt
Manchmal bleibt es nicht beim Reden. Dann wird getestet, wer das schnellere Auto hat. Gefahren wird um Ruhm und Ehre, eine Runde Red Bull und gerüchteweise – selten, aber doch – um das Auto des Verlierers.

Blocker sorgen dafür, dass keine anderen Autofahrer in die Quere kommen – sie provozieren Staus. Späher behalten die Umgebung im Blick – die Polizei kann jederzeit auftauchen.

Illegale Autorennen mitten in der Stadt
„In den 1990er-Jahren hat es Verfolgungsjagden mit der Polizei gegeben, da hast du dir das Auto aussuchen müssen, dem du nachfährst. So viele waren das“, erinnert sich Janusch. Die Zeiten sind vorbei. Die Szene – hauptsächlich männlich – ist ruhiger und kleiner geworden. Was auch an den härteren Strafen und dem Vormerksystem liegen könnte. Ein paar Hartgesottene lassen dennoch keine Möglichkeit aus. Der nächste potenzielle Gegner steht an der Ampel. Und das kann zu kuriosen Situation führen. Etwa, wenn sich ein älterer Herr im Jaguar zu einem Hatzerl animieren lässt und den Polizisten dann erklärt: „Ich weiß auch nicht, was da in mich gefahren ist, ich erkenne mich nicht wieder.“ Die kreidebleiche Ehefrau sitzt am Beifahrersitz.

Tiefer gelegt

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Roadrunner
Aufgemotzt werden die Fahrzeuge der Roadrunner meist mit illegalen Mitteln. Lachgas-Einspritzer, Kat-Ausbau, tiefer gelegtes Fahrwerk, nicht genehmigte Xenon-Scheinwerfer, dunkle Folien auf den Scheiben. „Die Trends kommen und gehen. Wie in der Mode“, weiß Ganglmayer. „Oft sind die Umbauten teurer, als das Auto.“

Vorbilder sind die Action-Stars aus dem Hollywood-Streifen „The Fast an the Furious“ mit Vin Diesel. Vor wenigen Wochen war Premiere des jüngsten Teils im Autokino Groß-Enzersdorf. Einige Kino-Besucher machten es den Leinwand-Helden gleich nach und gaben Gas.

Immer populärer werden Moped- und Motorrad-Rennen. „Das nimmt zu. Wir hatten schon Mopeds, die 140 km/h schnell waren.“

Erst vor wenigen Wochen forderte ein illegales Rennen in Vorarlberg vier Verletzte. Ein Auto kam in Lauterach beim Überholen ins Schleudern und krachte gegen eine Mauer. Der 25-jährige Pkw-Lenker soll sich mit einem Kontrahenten ein Rennen geliefert haben. Die Insassen, zwei junge Männer und zwei junge Frauen, wurden teils schwer verletzt. Der Rivale fuhr einfach weiter.

Der 19-jährige Igor T. ließ sich im September 2010 auf ein Wettrennen am Wiener Gürtel ein. Der junge Mann verlor dabei die Kontrolle über seinen neuen Mercedes und krachte mit der Fahrertür in den Pfeiler vor der Notfallzufahrt des AKH. Der Fleischhauer-Lehrling starb noch an Ort und Stelle. Seine Beifahrerin, eine 21-jährige Sekretärin, schwebte in Lebensgefahr.

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