Rechtes Gedenken erhitzt Gemüter

Burschenschafter mit Kerzen.
Heute wird wieder gegen Burschenschafter protestiert. Strafen für Demonstranten beim WKR-Ball wurden indes aufgehoben.

Mit "gewalttätigen Ausschreitungen" in der Wiener Innenstadt rechnet die Polizei am Dienstagabend: Zum Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges halten Burschenschafter das traditionelle wie umstrittene "Totengedenken" auf dem Heldenplatz ab. Rechtsaußen-Vertreter sehen den Tag der Befreiung vom Nazi-Regime als Niederlage.

In den vergangenen Jahren gaben sich hier auch immer wieder hochrangige FPÖ-Politiker wie etwa der dritte Nationalratspräsident Martin Graf ein Stelldichein.

Die Initiative "Jetzt Zeichen setzen" lädt indes zu einer Gegenveranstaltung. Sie tritt gegen das "Wehrmachts- und SS-Gedenken" auf dem Heldenplatz ein. Unter dem Motto "Rechtsextremen Aufmarsch verhindern" rufen Antifa-Gruppen zu einer Demo ab 17 Uhr vor der Uni auf. Mittendrin Großaufgebot der Polizei, die ein großräumiges Platzverbot verhängt hat. Die ÖH kritisierte die Exekutive: Es würden die Burschenschafter bevorzugt behandelt, "das ist eindeutig kein neutrales Vor­gehen". Polizeisprecher Johann Golob erklärt, dass der "friedliche Ablauf oberste Priorität" habe. Man sei nicht parteilich, sondern erfülle einen "sicherheitspolizeilichen Zweck".

Es droht somit ein Szenario wie rund um den ebenfalls umstrittenen Burschenschafterball (WKR-Ball) Ende Jänner in der Hofburg. Die Gegendemos endeten damals mit 20 Festnahmen und neun Anzeigen.

Zumindest einige der abgestraften Demonstranten dürfen jetzt aufatmen: Lukas S. etwa wurde damals wegen einer Sitzblockade am Kohlmarkt eine Strafe von insgesamt 400 Euro auf­gebrummt. Begründung: S. habe die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört und andere Fußgänger behindert.

Strafen aufgehoben

Rechtes Gedenken erhitzt Gemüter

Der Unabhängige Verwaltungs­senat (UVS) hat die Strafe jetzt aufgehoben. Er ist der Ansicht, dass derartige Spontan-Versammlungen in den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit fallen. In einem zweiten Fall folgte der UVS diesem Urteil.

Ein Nachspiel gab es hingegen für jene Besucher des Burschenschafter-Balls, die gegen das von Verteidigungsminister Norbert Darabos ( SPÖ) verhängte Uniformverbot verstoßen haben. Walter Asperl, der Büroleiter Grafs, fasste eine Verwaltungsstrafe von 70 Euro (Verstoß gegen § 35 Wehr­gesetz) aus und hat dagegen berufen. "Auf Parteibällen ist es kein Problem, hier schon", sagt Asperl.

Ähnlich wird es FPÖ-Nationalratsmandatar Elmar Podgorschek ergehen. Demnächst wird ihn das Parlament ausliefern. Erst dann läuft das Verwaltungsstrafverfahren an.

Angeklagt: Neun Burschen und Franz Radl

Da sitzen sie neben­einander und fühlen sich "nicht schuldig". Neun junge Burschen, die das Horst-Wessel-Lied öffentlich gesungen und Nazi-Parolen gejohlt haben sollen und ein Mann, den ein Verteidiger der Jungen "Kaliber" nennt: Franz Radl, 45, der seinen NS-Wiederbetätigungsprozess als politisch motiviert abtut.

Seit Montag stehen sie wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz in Graz vor Gericht. Staatsanwalt Johannes Winklhofer hat vor allem Radl im Visier. "Er ist die zentrale Figur. Er macht seit 20 Jahren Propaganda." Zwei entsprechende Vorstrafen und seine "unbestrittene Gesinnung" bestätigt Radl: "So is’ es."

Der Staatsanwalt erinnert die Geschworenen an Radls Prozess 1992: "Damals hat er ein Buch in die Kameras gehalten: Freispruch für Hitler? von Gerd Honsik." Der bekannteste Leugner des Holocaust spielt auch jetzt eine Rolle: Radl soll eine Homepage betrieben haben, auf der Honsiks revisionis­tisches Buch zum Download bereitstand.

Auch eine CD wurde gefunden: "Korrektur zur Geschichtslüge", auf der der Genozid geleugnet und die Existenz von Gaskammern abgestritten wird. Das sei Privatmeinung seines Mandanten, behauptet Radls Verteidiger. "Gedanken sind nicht strafbar."

Pickerln, die Werbung für die Homepage machten, soll Radl auch vertrieben haben. Dabei sollen ihm drei der mitangeklagten Jugendlichen geholfen haben. Sonst haben die Burschen nicht viel mit ihm zu tun. "Aber sie sind gewaltbereite Schläger", sagt der Ankläger. Für Körperverletzungen bei Veranstaltungen wurden sieben bereits (nicht rechtskräftig) zu Haftstrafen verurteilt.

Der Prozess wird heute, Dienstag, fortgesetzt.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

Kommentare