Pfefferspray-Attacke im Praterdome: Freispruch
Mit einem - nicht rechtskräftigen - Freispruch aus Mangel an Beweisen ist am Mittwoch im Straflandesgericht der Prozess gegen einen 39-jährigen Mann zu Ende gegangen, dem von der Staatsanwaltschaft eine Reizgas-Attacke im Praterdome angelastet wurde. In der Nacht auf den 12. Oktober 2014 waren in der größten Diskothek Österreichs zwei Dosen Pfefferspray versprüht worden.
1.523 Gäste mussten daraufhin evakuiert werden. Der Katastrophenzug der Berufsrettung rückte an, zumindest 37 Besucher hatten Augenreizungen und mussten behandelt werden. Acht Personen wurden zur ärztlichen Versorgung vorübergehend in verschiedene Spitäler gebracht. Eine Schwangere, die sich vor ihrer Niederkunft noch einmal richtig vergnügen wollte, bedurfte eines siebenwöchigen Krankenstands.
Eine Putzfrau, die nach überstandener Aufregung auf der Männertoilette sauber machte, fand neben einer Klomuschel eine fast leere Pfefferspray-Dose. Der von ihr hinzugezogene Praterdome-Geschäftsführer entdeckte am selben Ort wenig später eine zweite.
Beweismaterial
Das Beweismaterial wurde sichergestellt und spurenkundlich untersucht. Die DNA-Expertin Christina Stein konnte auf Basis dessen ein DNA-Profil erstellen, das zur Ausforschung des Täters in die DNA-Datenbank eingespeist wurde. Darin sind 200.000 Profile von Personen enthalten, deren genetische Fingerabdrücke im Zuge von polizeilichen Amtshandlungen abgelegt wurden.
Der Vorgang führte zu einem Treffer. Die Spuren auf einer Dose konnten einem 39 Jahre alten Mann zugeordnet werden, der einige Zeit zuvor wegen Suchgifthandels zu einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Es wurde ein Haftbefehl ausgestellt, der Gesuchte wurde Ende Juli festgenommen und zur Anklage gebracht.
"Hab' nicht gewusst, was das ist"
„Ich bin nicht schuldig“, erklärte nun der 39-Jährige einem Schöffensenat (Vorsitz: Ingrid Altmann). Er sei gegen 22.00 Uhr zum Tanzen in den Praterdome gegangen. Später habe er sich auf die Toilette begeben, um Drogen zu konsumieren. Beim Hinknien habe er am Boden zwei Dosen bemerkt: „Ich habe ausprobiert, was das ist, und das wieder weggeworfen. Ich hab' nicht gewusst, was das ist. Ich hab' es einfach in die Hand genommen.“ Er habe „nicht stark draufgedrückt. Ich wollte das ausprobieren“, sagte der Hochschul-Absolvent, der einen Ingenieurstitel im Erdölwesen besitzt.
Das Beweisverfahren ergab im Verlauf der Verhandlung deutliche Zweifel, dass der 39-Jährige - wie von der Anklage angenommen - derjenige war, der zuvor am Mainfloor den Großteil des Doseninhalts versprüht und die Behälter im Anschluss auf der Toilette entsorgt hatte. Ein 20-jähriger Zeuge gab zu Protokoll, er habe auf der Tanzfläche einen „Typen mit Kapperl“ wahrgenommen, der mit einer Dose in der Hand herumgegangen sei. „Das ist aber nicht er“, sagte der Bursch mit Blick auf den Angeklagten.
Eine weitere Besucherin, deren Aussage verlesen wurde, weil sie nicht persönlich zur Verhandlung erschien, nahm am Mainfloor drei Männer mit Kapuzen wahr, die „nach unten“ gesprüht hätten. Der Angeklagte trug in der gegenständlichen Nacht ein T-Shirt und hatte seine Jacke an der Garderobe abgegeben.
Drei Monate U-Haft
„Er war zur falschen Zeit am falschen Ort“, bilanzierte Verteidiger Christian Werner nach dem ergangenen Freispruch. Sein Mandant wurde nach dreimonatiger U-Haft unmittelbar nach der Verhandlung auf freien Fuß gesetzt. Der Freispruch ist allerdings noch nicht rechtskräftig, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.
Mit dieser Entscheidung blieb auch der Disco-Betreiber auf seiner Schadenersatz-Forderung sitzen. Der hatte sich mit einem Betrag von 80.000 Euro als Privatbeteiligter dem Verfahren gegen den 39-Jährigen angeschlossen.
Gäste konnten Getränke nicht mehr bezahlen
Der Praterdome-Rechtsvertreter legte dieser Summe folgende Berechnung zugrunde: Sämtliche 1.523 Besucher hätten ohne zu zahlen die Disco verlassen - beim Eintritt erhalten Gäste eine Karte, mit der sie Getränke an der Bar ordern können, die erst beim Verlassen der Großraum-Disco zu bezahlen sind.
Da diese jedoch unter „extrem chaotischen“ Umständen geräumt wurde, wie der Geschäftsführer im Zeugenstand darlegte, bezahlte kein einziger Besucher die konsumierten Erfrischungen. Deswegen wollte das Unternehmen im Fall einer Verurteilung vom Angeklagten 50 Euro pro Besucher abgegolten bekommen - angeblich die durchschnittliche Konsumation eines Praterdome-Besuchers an einem Samstagabend.
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