Nach Attacke auf Bim-Fahrer: Verdächtiger zufällig gefasst

Kollegen aus der Remise eilten nach dem Übergriff zu Hilfe.
Der letzte Fahrgast schlug dem Lenker am Joachimsthalerplatz auf den Kopf. Mann bei anderer Amtshandlung festgenommen. Er soll psychisch auffällig sein.

Die Serie an Übergriffen auf Öffi-Mitarbeiter in Wien reißt nicht ab. Donnerstagmittag wurde erneut ein Lenker einer Straßenbahn attackiert. Ein Unbekannter ging auf dem Joachimsthalerplatz in Ottakring auf den Fahrer der Straßenbahnlinie 46 los. Er schlug ihm mit einem stumpfen Gegenstand auf den Kopf und konnte vorerst flüchten. Der Fahrer erlitt schwere Verletzungen.

Letzter Fahrgast

Der Vorfall ereignete sich gegen 12.40 Uhr. „Bei dem Kollegen handelte es sich um einen Lehrfahrer, der gerade mit einer Schülerin in der Straßenbahn gefahren ist“, sagt Daniel Amann, Sprecher der Wiener Linien. Bei der Schleife am Joachimsthalerplatz blieb die Bim stehen. Die Öffi-Mitarbeiter wollten den Zug verlassen. Doch ein Fahrgast befand sich noch im hinteren Teil der Straßenbahn. „Der Straßenbahnfahrer ist zu ihm gegangen und hat ihn aufgefordert, zu gehen. Doch der Fahrgast wollte nicht“, schildert Polizei-Sprecherin Barbara Riehs. Als der 33-jährige Bim-Fahrer wieder nach vorne ging, folgte ihm der Fahrgast und schlug von hinten mit einem unbekannten Gegenstand auf ihn ein.

Nach Attacke auf Bim-Fahrer: Verdächtiger zufällig gefasst
Attacke auf Straßenbahnfahrer, Ottakring

„Die Schülerin hat den lauten Alarm ausgelöst, Mitarbeiter der Remise sind aufmerksam geworden“, schildert Amann. Der Fahrer erlitt stark blutende und schwere Kopfverletzungen. Mitarbeiter der Remise übernahmen die Erstversorgung des Mannes, der nicht mehr ansprechbar war. Eine Untersuchung ergab, dass ihm die Schädeldecke eingedrückt worden war. Der 33-Jährige musste notoperiert werden und befand sich Donnerstagabend im künstlichen Tiefschlaf. Die etwa 45-jährige Fahrschülerin ist schwer geschockt.

Weil die Tasche des Opfers fehlte, ging die Polizei anfangs von einem Raub aus. Doch später tauchte sie wieder auf. Gegen 17 Uhr ging dann ein Notruf bei der Polizei ein. Passanten in der Dreyhausengasse in Ottakring fühlten sich durch einen Mann belästigt, der offen mit einem Messer hantiert haben soll. Den Beamten fiel sogleich auf, dass die Personenbeschreibung des Bim-Schlägers zu dem Mann passte. Auf der Polizeiinspektion begannen Kriminalisten mit der Befragung.

Wirre Angaben

Der 30-Jährige soll psychisch auffällig sein und wirre Angaben gemacht haben. Der Anfangsverdacht erhärtete sich in den Abendstunden: „Wir sind uns nun sicher, dass es sich um den Verdächtigen handelt“, erklärt Riehs. Ein beigezogener Amtsarzt musste am Abend entscheiden, ob der Mann haftfähig ist. Donnerstag Abend war noch unklar, ob er in Haft oder in eine psychiatrische Einrichtung kommt.

Der Übergriff geschah nur einen Tag, nachdem die zuständige Stadträtin Renate Brauner und die Wiener Linien ein Sicherheitsprogramm präsentiert hatten. Eine erhöhte Glaswand zum Schutz des Lenkers und Videoüberwachung sollen kommen. Heuer kam es immer wieder zu Übergriffen auf Öffi-Lenker.

Am Joachimsthalerplatz in Wien wurde erneut ein Öffi-Lenker attackiert:

Ein Fünf-Punkte-Programm soll künftig für mehr Sicherheit in den Wiener Öffis sorgen. Anlass ist eine Reihe von gewaltsamen Übergriffen auf das Fahrpersonal der Wiener Linien, die in den vergangenen Monaten für Schlagzeilen sorgten. Mitte April etwa wurde ein Lenker der Straßenbahnlinie 60 von einem Jugendlichen mit einem Schlagstock attackiert und am Kopf verletzt. Aus Protest hielten die Personalvertreter am 23. April eine Betriebsversammlung ab.

Jetzt reagieren die zuständige Vizebürgermeisterin Renate Brauner (SPÖ) und Wiener Linien: So werden die Fahrerkabinen für den älteren Straßenbahn-Typ „E2“ verbessert. Der Lenkerplatz wird mit einer erhöhten Glaswand ausgerüstet, wie es sie etwa in den modernen Niederflur-Bims vom Typ ULF bereits gibt. 120 Garnituren sind davon betroffen.

Videoüberwachung

Außerdem wird die Videoüberwachung ausgebaut. Umfasst sind davon neben den „E2“-Gefährten auch ältere ULFs. Bis Ende 2016 soll es in mehr als 60 Prozent aller Straßenbahnen dann Kameras geben.

Ähnlich die Situation bei den Bussen. 2016 soll dort der Anteil der Fahrzeuge mit Videoüberwachung 75 Prozent betragen, wobei der Prozentsatz vor allem durch die Modernisierung der Flotte (mittels neuer Mercedes-Busse mit Kameras, Anm.) erhöht wird.

Generell soll in den Abend- und Nachtstunden vorzugsweise neues Wagenmaterial eingesetzt werden. Zudem gibt es laut Wiener Linien Gespräche über eine Videoüberwachung bzw. eine verbesserte Beleuchtung bei den Endstellen.

Die Umsetzung des gesamten Pakets dürfte rund zwei Millionen Euro kosten, hieß es am Mittwoch.

Einige Maßnahmen, die im Vorfeld diskutiert wurden, werden nicht kommen. So ist etwa nicht geplant, das Personal mit Pfefferspray auszurüsten.

Man sei gegen „Rambovorschläge“ und wolle kein Klima der Angst, betont Brauner. Auch der Einsatz von mehreren Fahrern in einem Bus bzw. einer Garnitur sei nicht finanzierbar.

Der Betriebsrat wertete die gestrige Präsentation prompt auch nur als „Schritt in die richtigste Richtung“. Die Forderungen seien aber „bei Weitem“ noch nicht erfüllt.

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