Lebenslang für Mord an "Freund"

Nach zwei Kopfschüssen wurde das Opfer zersägt und in die Donau geworfen. Der Angeklagte wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.

Mit 7:1 Stimmen und nach längerer Beratung der Geschworenen ist heute, Mittwoch, Abend ein 42-Jähriger am Wiener Landesgericht schuldig gesprochen worden. Er soll im Juni 2010 seinen "Freund" erschossen und die Leiche mit einer Säge zerstückelt haben. Dafür wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt. Er meldete Nichtigkeit und Berufung an, das Urteil ist deshalb nicht rechtskräftig.

Was sich am verhängnisvollen Morgen des 7. Juni 2010 in der Wohnung des Angeklagten in der Klosterneuburger Straße wirklich abgespielt hat, weiß nur dieser selber. Es gibt keine Zeugen für das Verbrechen, alle Spuren, bis auf eine winzige Blutspur, wurden vom Angeklagten akribisch entfernt, ja sogar die Festplatte der Videoüberwachung vernichtet, die ihn beim Transport der zerstückelten Leiche gezeigt hätte. Vom Körper, dessen Einzelteile in die Donau geworfen wurden, wurden lediglich die beiden Torsoteile und ein Bein gefunden.

Gutachter

So war das Gericht während des zweitägigen Prozesses ausschließlich auf die Schilderung des Angeklagten angewiesen: Sein 35-jähriges Opfer, das er während der Haft kennengelernt hatte, habe bei ihm übernachtet. In den Morgenstunden habe ihn dieser mit einem Messer und einer Pistole bedroht und als "Wamsa" (Polizeispitzel, Anm.) bezeichnet. Aus Angst habe er nach der Pistole gegriffen, diese umgedreht und nach unten gedrückt, wobei sich drei Schüsse lösten, die den Polen zweimal im Kopf, der später von der Polizei trotz intensiver Suche nicht aus der Donau geborgen werden konnte, trafen und sofort töteten.

Diese Version wurde jedoch vom Schusswaffengutachter Armin Zotter zerpflückt: Wie sich u.a. auch bei einer Vorführung im Gerichtssaal gezeigt habe, sei es unmöglich, die Waffe in der Hand des Opfers derart zu drehen, dass sie auf die Stirn des Gegenübers zeigt, dabei dessen Finger am Abzug bleibt, man dabei von oben nach unten drückt, ohne sich dabei erhebliche Verletzungen durch die abfeuernde Waffe zuzuziehen. Der repetierende Schlitten würde mit einer Wucht, die einem mehrfachen der Energie des abgefeuerten Projektil entspricht, nach hinten und wieder nach vorne schnellen. Eine Hand, die von oben darauf drückt, würde erhebliche Blessuren davontragen, eventuell sogar schwerste Verbrennungen durch bis zu 2.500 Grad heiße Pulvergase erleiden. Wenn man hingegen von unten zugreift, fehlt die Kraft durch die notwendige Hebelwirkung. Damit nicht genug, sei es laut Zotter denkunmöglich, dass sich in der beschriebenen Art und Weise drei Schüsse lösen.

"Können Sie zu 100 Prozent ausschließen, dass sich die Sache so zugetragen hat, wie von mir geschildert?", wollte der Angeklagte wissen. "Das kann ich mit hundertprozentiger Sicherheit ausschließen, dass jemand, der derart vorgeht, keine Verletzungen davonträgt", antwortete der Gutachter. Nach einer kurzen Prozessunterbrechung meldete sich der 42-Jährige zu Wort und berichtete, er könne plötzlich nicht mehr ausschließen, sich damals doch verletzt zu haben, er sei damals so aufgeregt gewesen.

Mord nur halbes Jahr nach Entlassung

Dies wurde dem Angeklagten offenbar von der Mehrzahl der Geschworenen nicht abgenommen. Vielleicht auch deshalb, da der 42-Jährige bereits 1998 in Tschechien wegen Mordes, damals hatte er einen Türsteher erschossen, rechtskräftig verurteilt worden war. Aus der daraus resultierenden Haftstrafe war er im November 2009 entlassen worden.

Dieser Umstand wurde ihm von der vorsitzenden Richterin Sonja Weis als besonders erschwerend ausgelegt: "Das ist eine absolute Seltenheit: Mir und meinen Kollegen ist noch nie vorgekommen, dass jemand mit einer Vorstrafe wegen Mordes noch einmal wegen Mordes verurteilt wurde." Außerdem habe er den neuen Mord nur ein halbes Jahr nach der Entlassung begangen. Deshalb könne das aktuelle Verbrechen nur mit lebenslang geahndet werden. Mildernd wertete das Gericht lediglich das Geständnis bezüglich der Störung der Totenruhe.

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