Vater der toten Patientin: „Fünf Jahre Tränen, wer zählt das?“

rehberger
Enttäuschung und Kritik nach dem Urteil im Prozess gegen das Spital Göttlicher Heiland.

Eine gesunde 23-jährige Frau wird im Wiener Krankenhaus Göttlicher Heiland nach einer Fußoperation mit einer Überdosis Schmerzmitteln vergiftet, das ist der Justiz 6300 Euro Geldstrafe „wert“.

Die Eltern von Kirstin Rehberger – die mit Anwalt Sebastian Lesigang beim Prozess um fahrlässige Tötung dabei waren – sind über den Ausgang entsetzt. „Die Richterin hat die fünf Jahre, die bis zum Prozess vergangen sind, für den Turnusarzt als Milderungsgrund aufgezählt“, sagt der Vater im Gespräch mit dem KURIER: „Aber was ist mit den fünf Jahren für uns als Opfer? Fünf Jahre Tränen der Frau bei jedem Zu-Bett-Gehen, wer zählt das?“

6300 Euro nicht rechtskräftige Strafe für den Turnusarzt, der eigenständig zu viele Schmerzmittel mit gleicher Nebenwirkung – Atemhemmung – verabreichte, was bei Kirstin Rehberger zum tödlichen Sauerstoffmangel führte. 4800 Euro Geldstrafe bekam ein Bursche, der unter Bekannten im Fitnessstudio illegale Dopingmittel verteilte. 2280 Euro muss ein Niederösterreicher zahlen, weil er im Hausflur seines Nachbarn absichtlich Urin verschüttet hat. Zu 2400 Euro Geldstrafe wurde ein Frühpensionist verurteilt, der tonnenweise Kupferkabel gestohlen hatte.

Positive Prognose

Wobei: Der Paragraf „fahrlässige Tötung“ sieht gar keine Geldstrafe, sondern bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe vor. Zur Geldstrafe kommt das Gericht laut dem Linzer Strafrechtsprofessor Alois Birklbauer nur über den „Umweg“ der Annahme einer positiven Prognose. Dass der Arzt also in Zukunft besser aufpasst.

Vater der toten Patientin: „Fünf Jahre Tränen, wer zählt das?“
Der Wiener Strafrechtsordinarius Helmut Fuchs hält es für überlegenswert, die Strafdrohungen bei fahrlässiger Tötung zu erhöhen. In Deutschland geht der Strafrahmen bis fünf Jahre.

Das Krankenhaus Göttlicher Heiland wurde vom Vorwurf, durch Organisationsmängel den Tod der Patientin mitverschuldet zu haben, freigesprochen. Trotz vernichtender Gutachten, die gravierende Sorgfaltsverstöße aufgezeigt haben. Hans-Jürgen Rehberger ist „enttäuscht, dass das Spital nicht zur Verantwortung gezogen wurde. Das bringt uns die Tochter nicht mehr zurück, aber es ging uns um den Schutz für zukünftige Patienten. Dass diese Schlamperei festgestellt wird.“ Dem Vernehmen nach will die Staatsanwältin den Freispruch mit Berufung bekämpfen.

Auch bei Strafrechtler Fuchs lässt es „einen unangenehmen Geschmack zurück, dass nur der Turnusarzt überbleibt. Das gesamte System ist auf Einsparungen ausgelegt, der Arzt hat ja nicht aus purem Leichtsinn gehandelt, da sind auch andere heranzuziehen.“

Was Kirstins Vater zusetzt: „Diese Ignoranz! Ich weiß schon, der Anwalt muss für seinen Klienten alles herausholen. Aber dass das dort im Angesicht des Todes noch ins Lächerliche gezogen wird. Der Arzt hat gesagt, er hat nicht die Zeit, an einem Patienten herumzubasteln. Da krampft es mir das Herz zusammen. Herumbasteln kann ich an einem Radio ...“

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