Kleines Glücksspiel: Häupl geht in die Knie

Der Druck der SPÖ-Basis war zu groß. Nach heftiger parteiinterner Diskussion verzichtet der Wiener Bürgermeister auf das Geschäft mit den Spielautomaten ab 2015.

Es ist unfassbar, ich kann es gar nicht glauben." Nikolaus Kowall fehlen die Worte. Der 28-jährige Politiker hat gestern jenes Ziel erreicht, von dem er glaubte, er würde es niemals erreichen: Die Wiener SPÖ hat sich nach Wochen der intern und öffentlich geführten Debatten dazu durchgerungen, das sogenannte kleine Glücksspiel in der Bundeshauptstadt zu verbieten.

Ab 1. 1. 2015 sind knapp 3200 einarmige Banditen, die heute über die Stadt verteilt sind, Geschichte. Bis dahin wird auch die letzte Konzession ausgelaufen sein und jene kleinen Lokale, die seit Jahren ganze Straßenzüge prägen, werden der Vergangenheit angehören.
"Das ist ein erster, großer und wichtiger Schritt", sagt Kowall, der die parteiinterne Diskussion mit einer Brandrede am roten Landesparteitag angefacht und die rote Basis für ein Verbot der Landesautomaten erwärmt hat. Denn seit jenem Samstag im Mai stieg der Druck der Bezirke auf Bürgermeister Michael Häupl und die Parteispitze. Zuletzt sprachen sich Bezirksparteien in Wieden, Josefstadt und in Floridsdorf für ein Verbot aus. Schützenhilfe kam auch vom grünen Koalitionspartner, der seit Jahren ein Aus der Geräte fordert.

Am Dienstag dann die Eilt-Meldung aus dem Rathaus: "Die rot-grüne Arbeitsgruppe hat beschlossen, kein neues Glücksspielgesetz auf Landesebene zu beschließen", sagte die zuständige Stadträtin Ulli Sima (S) dem KURIER. "Es werden keine neuen Konzessionen mehr erteilt, bestehende Konzessionen laufen aus."

"Wir legen dem organisierten Glücksspiel in Wien somit das Handwerk", sagt der grüne Klubchef David Ellensohn, der bereits seit Jahren für ein Verbot kämpft. "Darauf darf die rot-grüne Stadtregierung stolz sein. Der Beschluss hat Signalwirkung weit über Wien hinaus."

Fahrplan

Bedeutet das Verbot also das Ende aller einarmigen Banditen, die derzeit in Wien herumstehen? Nein, was bleibt, sind die Bundesautomaten. Das sind jene zentralvernetzten Geräte, die schon heute im Casino auf der Kärntner Straße stehen. Anders als beim kleinen Glücksspiel wird hier Spielerschutz deutlich größergeschrieben. In Zukunft wird es in Wien aber nicht mehr nur ein, sondern insgesamt drei Casinos geben. Die entsprechende Ausschreibung durch den Bund läuft. Sollten alle Casinos die maximale Automatenzahl aufstellen, könnte es künftig 1500 Casinogeräte geben.

Fraglich ist auch, ob die österreichischen Lotterien ihr Versprechen, keine Salons mit sogenannten Video-Lottery-Terminals zu errichten, einhalten. Ein Aufstellen wäre auch gegen den Willen von Häupl möglich. Zuständig ist die Finanzministerin.

Auch wie es mit dem vor Jahren eröffneten Prater-Casino weitergeht, hängt vom Bund ab. Eigentümer Novomatic könnte, sofern das Unternehmen eine entsprechende Lizenz erhält, den Standort zu einem echten Casino umbauen. "Über ungelegte Eier wollen wir nicht sprechen", heißt es bei dem Unternehmen, das über den rot-grünen Schritt nicht sonderlich erfreut ist.

Geht es nach dem Grünen Peter Pilz war Wien aber erst der Anfang: "Als Nächstes machen wir uns für ein Verbot in Niederösterreich und in der Steiermark stark. Und am Ende muss ein neues Bundesgesetz stehen."

Und auch Kowall nimmt Häupl einmal mehr in die Pflicht: "Bleibt zu hoffen, dass sich die Wiener SPÖ auch für ein neues Bundesgesetz stark macht. Häupls Stimme wiegt mehr als die Stimme der Basis."

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