Juwelieraub: Vier Jahre für Komplizen

Der damalige Tatort im 15. Bezirk.
Bei dem Überfall wurde ein Räuber vom Juwelier erschossen.

Im Wiener Straflandesgericht ist am Mittwoch der zweite Komplize jenes Räubers verurteilt worden, der am 5. Juli 2013 von einem Juwelier in Wien-Fünfhaus erschossen wurde. Der 23-jährige Litauer, der gemeinsam mit zwei Landsleuten in das Geschäft gestürmt war und am Ende den 20 Jahre älteren Linas S. sterben sah war, fasste eine vierjährige Freiheitsstrafe aus. Das Urteil ist rechtskräftig.

Der Angeklagte erzählte dem Schöffensenat (Vorsitz: Daniela Zwangsleitner), Hintermänner hätten ihn in seiner Heimat mit der Aussicht auf "leichte Arbeit" nach Österreich gelockt. Er sei dann aber in einer Bande gelandet, die mit Spielzeugpistolen mehrere Raubüberfälle in Salzburg, Linz und Wien verüben wollte.

Beim Versuch, einen Juwelier in der Äußeren Mariahilfer Straße auszurauben, kam einer der beiden Komplizen des 23-Jährigen ums Leben (mehr dazu). Während Linas S. mit einer Waffe den Inhaber des Juwelier-Geschäfts und dessen Ehefrau bedrohte, rafften die jüngeren Täter Schmuckstücke zusammen.

Sie bekamen gar nicht mit, dass der Juwelier unter ein Pult griff und mit einer Pistole auf den Bewaffneten feuerte. Der 43-Jährige taumelte noch auf die Straße, wo er nach wenigen Metern tödlich getroffen zusammenbrach.

Für den Juwelier hatte seine Schussabgabe keine strafrechtlichen Folgen. Die Staatsanwaltschaft stellte das gegen ihn gerichtete Verfahren ein. Ihm wurde zugebilligt, in Notwehr gehandelt zu haben.

Juwelier setzt Geschehen psychisch zu

Dem Schützen setzte das, was geschehen war, psychisch aber derartig zu, dass er nicht mehr seinen Geschäften nachgehen konnte. Ein Jahr, bevor er seinen Ruhestand antreten wollte, sperrte er zu. Aus psychischen Gründen war es ihm auch nicht möglich, als Zeuge zur heutigen Verhandlung zu erscheinen.

Während es einige Zeit brauchte, um des 23-Jährigen Mittäters habhaft zu werden, war der dritte Räuber bereits im Jänner 2014 in Wien abgeurteilt worden. Der 20-Jährige war noch in unmittelbarer Nähe des Tatorts festgenommen worden. Er bekam zwei Jahre unbedingt aufgebrummt. Da ihm die U-Haft auf seine Strafe angerechnet wurde, befindet sich der Litauer inzwischen wieder auf freiem Fuß. Nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe wurde er vorzeitig bedingt entlassen und in seine Heimat abgeschoben.

Dem 23-Jährigen war demgegenüber zunächst die Flucht aus Österreich geglückt. Er erreichte per Bus und Zug seine Heimat, wo er allerdings ein halbes Jahr später wegen Betrugs festgenommen und zu 14 Monaten Haft verurteilt wurde. Nachdem er diese Strafe abgesessen hatte, wurde er an die österreichische Justiz ausgeliefert.

"Ich bin ja kein Verbrecher"

Vor Gericht versicherte er nun: "Ich wollte keinen Überfall machen. Ich bin ja kein Verbrecher." Fakt ist allerdings, dass der Mann bereits mit 18 einen Juwelier in Finnland ausgeraubt und dafür mehrere Jahre in einem finnischen Gefängnis verbracht hatte. Als ihn die Richterin darauf ansprach, erwiderte der Angeklagte: "Von meiner Natur her bin ich kein schlechter Mensch. Manchmal sind die Umstände so, dass man nicht anders handeln kann."

Abgeblasene Überfälle

Das Unterfangen, in Salzburg und Linz Juwelier-Geschäfte zu überfallen, wurde stets in letzter Minute abgeblasen, weil den Tätern zu viele Kunden anwesend waren. In Wien sollte dann am 29. Juni 2013 ein Juwelier in der Simmeringer Hauptstraße ausgeraubt werden. Nachdem die drei Litauer an den beiden vorangegangenen Tagen das Geschäft aufgesucht hatten und sich zum Schein Brillantringe zeigen ließen, blickte der Inhaber am dritten Tag plötzlich in die Mündung einer Schusswaffe. Obwohl ihm unklar war, ob es sich um eine echte Waffe oder eine Spielzeugpistole handelte, griff der Mann nach dem Lauf, und zwar derart kräftig, dass die Waffe in zwei Teile zerbrach und die Räuber die Flucht ergriffen.

"Was Sie gemacht haben, war mutig, aber saublöd", bekam der couragierte Juwelier nun als Zeuge von der Richterin Daniela zu hören. "Ich lass mir das nicht in fünf Minuten wegnehmen, was ich mir in 40 Jahren aufgebaut habe", beschied ihr der Geschäftsmann. Und weiter: "Man darf keine Angst haben. Sonst kann man diesen Beruf nicht machen."

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