Justizdaten-Affäre: Bedingte Haftstrafen für alle Angeklagten

Richterin Stefanie Öner.
Beschuldigte sollen Exekutionsdaten an Private weitergegeben und Geld kassiert haben.

Im Prozess um die Justizdaten-Affäre sind am Dienstag am Wiener Straflandesgericht zwölf angeklagte Justiz-Beamte zu jeweils bedingten Haftstrafen verurteilt worden. Sie wurden für schuldig befunden, von 2002 bis 2010 Exekutionsdaten von knapp 40.000 juristischen und 92.000 Privatpersonen weitergegeben und dafür insgesamt etwa 300.000 Euro kassiert zu haben. Die Urteile sind nicht rechtskräftig, alle erbaten sich drei Tage Bedenkzeit.

Richterin Stephanie Öner verurteilte die Justiz-Beamten zu bedingten Haftstrafen zwischen sechs und 24 Monaten - mit einer dreijährigen Probezeit. Für die Vorsitzende des Schöffensenats waren die Abfragen und Weitergaben der Daten "nicht nachvollziehbare Handlungen", die von Bediensteten getätigt worden waren, die einen "verantwortungsvollen Posten" innehatten.

Kaum Reue

Bei den Verurteilten handelt es sich um Gerichtsvollzieher, Rechtspfleger und für Schreibarbeiten eingesetzte Kanzleikräfte an Vorarlberger, Tiroler, steirischen, oberösterreichischen und niederösterreichischen Bezirksgerichten. Im Lauf des Prozesses verantworteten sich die Beschuldigten ziemlich unterschiedlich. Die einen zeigten sich reumütig, die anderen wiederum legten wenig bis gar kein Unrechtsbewusstsein an den Tag.

Angeklagt war auch ein 68-jähriger Betreiber einer Wiener Kreditauskunftei, der die Justiz-Beamten für ihre Dienste mit fünfstelligen Euro-Beträgen "entlohnte". Das Verfahren gegen Mann wird bzw. muss allerdings zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden: Der Unternehmer wird derzeit nach mehreren gescheiterten Selbstmord-Versuchen im Wiener Otto-Wagner-Spital (OSW) stationär behandelt.

m heutigen - letzten - Verhandlungstag kam ein Angestellter des Bundesrechnungszentrums (BRZ) zu Wort. Er habe über eine anonyme Anzeige des Justizministeriums (BMJ) den Auftrag zur Prüfung von Ungereimtheiten erhalten und gab vor Gericht darüber Auskunft, wer von den zwölf Angeklagten wann was abgefragt hat. Auf sämtliche weiteren Zeugen war zuvor verzichtet worden, da die Angeklagten die inkriminierte Weitergabe von Daten und die Zahlungsflüsse nicht bestritten haben.

Es werde "jede Tastenbewegung protokolliert", so der BRZ-Angestellte. Über Rückschlüsse aus der Datenbank könnten die Ergebnisse jeder Suchabfrage nachvollzogen werden. Zur Frage der Richterin, ob die Begründung einiger Angeklagter, sie hätten nicht gewusst, dass die Weitergabe von Daten nicht rechtmäßig sei, gerechtfertigt sei, meinte der Zeuge: "Eine Nutzerkennzeichnung ohne vorherige Schulung gibt es nicht." Soll heißen: Jeder Justiz-Mitarbeiter, der Zugriff auf die Datenbanken habe, müsste über Rechte und Pflichten genau informiert sein.

Während die Verteidiger in ihren Schlussplädoyers Freisprüche bzw. milde Urteile forderten, ging der Staatsanwalt mit den Beschuldigten hart ins Gericht. Es deute alles auf Missbrauch hin, schließlich hätten einige ihre Schuld eingesehen, außerdem müsse jedem Beamten klar sein, dass die Weitergabe von Daten an Privatpersonen ebenso unrechtmäßig sei wie die Tatsache, dass man sich das dafür erhaltene Entgelt "in die eigene Jackentasche steckt".

"Warum machen das dann nicht alle?"

Das fehlende Unrechtsbewusstsein einiger Beschuldigter kommentierte der Staatsanwalt folgendermaßen: "Wenn das (Weitergeben von Daten, Anm.) ok wäre - warum machen das dann nicht alle? Die Nachfrage wäre sicherlich groß." Auf die Aussage einer Justiz-Beamtin, sie habe hinter dem Ankauf der Daten "rechtliches Interesse" vermutet und sich deshalb "nichts dabei gedacht", meinte der Staatsanwalt: "Das ist sowas von aus der Luft gegriffen, dass ich es gar nicht fassen kann."

Ein totaler Stromausfall im gesamten Wiener Straflandesgericht hatte am Dienstag für eine mehrstündige Zwangspause im Prozess gesorgt. 700 weitere Haushalte in der Josefstadt waren betroffen.

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