Junge Mädchen als Taschendiebinnen

Polizei gelang Schlag gegen internationale Bande / Viele Täterinnen sind noch strafunmündig

Sie sind 12, 13 und 15 Jahre alt – und haben es faustdick hinter den Ohren. Eine Mädchenbande aus Bosnien machte in den vergangenen Wochen Wien unsicher. Die Jugendbande kam nur zu einem Zweck in die Bundeshauptstadt: um zu stehlen. Das Trio ging den Ermittlern, wie berichtet, ins Netz. Und damit vermutlich auch drei Drahtzieherinnen. Denn die gesamte Bande dürfte aus Dutzenden jungen Mädchen bestanden haben. „Seit der Aufklärung sind die Taschendiebstähle in Wien deutlich zurückgegangen“, sagt ein Ermittler.

Die Polizei vermutet, dass die Mädchen – sie gehören der Volksgruppe der Roma an – Teil einer organisierten Bande sind. Jedenfalls waren sie bestens vorbereitet. „Sie haben jedes Gedränge genutzt. In der U-Bahn oder im Kaufhaus, sogar im Stephansdom“, sagt der Ermittler. „Sonst haben sie eben eine Drängelei provoziert.“

Auch der Ablauf während der Taschendiebstähle war genau durchgeplant. Eine lenkte ab, die andere deckte ab, eine passte auf. Und sobald die Geldbörse aus der Tasche gestohlen war, wurde sie einer anderen übergeben.

Die Mädchen wurden übrigens in einem Hotel aufgegriffen – dort hatten sie ein Zimmer gemietet. Die Polizei fand dort mehrere Tausend Euro Bargeld. Zehn Straftaten konnten die Ermittler nachweisen. Sie gehen aber davon aus, dass es weit mehr gewesen sein müssen.

Organisierte Kinderbanden sind nicht nur in Wien ein immer wiederkehrendes Problem. Im vergangenen Mai wurde der 60-jährige Bandenchef Fehim Hamidovic in Frankreich zu sieben Jahren Haft verurteilt. Er soll über Jahre hinweg minderjährige Mädchen zu Diebstählen gezwungen haben. Die Mädchen mussten täglich mindestens 300 Euro erbeuten, sonst wurden sie mit brennenden Zigaretten traktiert oder verprügelt. Auch 20 weitere Mitglieder des Clans wurden zu Haftstrafen zwischen einem und fünf Jahren verurteilt.

Die Behörden stoßen bei der Verfolgung dieser Banden an gesetzliche Grenzen. „Die Kinder sind nicht strafmündig. Wir müssen sie dem Jugendamt übergeben“, sagt ein Polizist. Oft landen sie dann bei Norbert Ceipek, Leiter der Drehscheibe Augarten, in der ausländische Minderjährige nach Aufgriffen durch die Polizei untergebracht werden. „Wir dürfen sie nicht einsperren“, erklärt Ceipek. „Wir können nur zuschauen, wenn sie nach kurzer Zeit wieder weg sind.“

Allein die Identifizierung der Mädchen ist ein Problem. Denn – wenn sie überhaupt Ausweise haben – handelt es sich um Fälschungen. Ihre Altersangaben sind zweifelhaft. „Das ist ein europäisches Problem. Sie sind nirgendwo registriert. Da braucht es eine Lösung.“

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