Häupl: "Respekt und Rücksichtnahme von Bedeutung"

Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl
Wiens Bürgermeister Häupl über Wiener Umgangsformen und Initiativen im Grätzel.

Start zum Voting bei der KURIER-Grätzel-Aktion. Ab heute, Sonntag, kann man auf kurier.at/thema/graetzel über die bisher angemeldeten Initiativen abstimmen. Welche der vielen Stadt-Initiativen zu Wiens Grätzel-Königen gekürt werden, entscheidet sich bis August. Bis dahin heißt es – anmelden und sich der Wahl stellen.

Wie es sich im Grätzel lebt, wie man gutes Zusammenleben organisiert und was sich die Stadt von ihren Bürgern erwartet, darüber sprach der KURIER mit Bürgermeister Michael Häupl.

KURIER: Mehr Respekt und Rücksichtnahme auf den anderen, das war 2012 ein Thema im Rahmen der Wien-Charta. Warum ist das Thema dem Bürgermeister so wichtig?

Michael Häupl: Respekt und Rücksichtnahme ist für jede Form des Zusammenlebens von Bedeutung. Egal ob das in der Beziehung, der Ehe, in einem Verein, der Schulklasse ist oder in einer größeren Form wie einer Wohnhausanlage oder der Stadt. Gibt es das nicht, kann man kein vernünftiges Zusammenleben organisieren. Das muss man gelegentlich in Erinnerung rufen, wenn man den Eindruck hat, dass es Defizite gibt.

Bei der Charta ging es auch um Spielregeln im Zusammenleben. Was hat es gebracht?

Häupl: "Respekt und Rücksichtnahme von Bedeutung"
Interview mit dem Wiener Bürgermeister Michael Häupl. Wien, 25.04.2014
Viel. Denn man muss ab und zu eine Hausordnung, eine Besuchsordnung in Spitälern oder eine Schulordnung in Erinnerung rufen. Wir wollen damit niemanden tyrannisieren. Es geht darum, Respekt und Rücksichtnahme im Rahmen einer Hausordnung zu verankern. Wir wollen also nicht sekkieren, sondern dass die Menschen friedlich, und freundschaftlich zusammenleben.

Es ist damals auch um die Sprache gegangen. Kein Kind in Wien soll in die Volksschule kommen und dann nicht Deutsch können. Ist man da auf einem guten Weg?

Ja, im Zusammenhang mit dem verpflichtenden Kindergartenjahr sind wir hier gute Schritte weitergekommen, aber noch lange nicht am Ziel. Ich würde mir ja ein zweites solches Jahr wünschen.

Ist ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr realistisch?

Dazu hat es erste, gute Gespräche gegeben. Natürlich geht es auch darum, dass man mit Bundesmitteln den Ausbau des Kindergartens forciert.

Die Stadt stellt nicht nur Spielregeln auf, Mitarbeiter der Stadt helfen Leuten bei Problemen etwa im Gemeindebau. Wird Wien hier noch mehr leisten?

Ausnahmsweise kann ich das nicht klar mit Ja oder Nein beantworten. Das hängt von der Entwicklung im Gemeinde- und Genossenschaftsbau ab. Wir werden hier nicht nur eine Ordnungs- sondern auch eine Beratergruppe brauchen. All das hängt auch von der Akzeptanz der Bevölkerung ab. Wenn das nicht befriedigend ist, werden wir mehr tun müssen. Unabhängig davon wünsche ich mir die Wiedereinführung der Hausmeister. Dazu brauchen wir ein Bundesgesetz, das ich vor geraumer Zeit verlangt habe.

Die Hausmeister wurden unter Schwarz-Blau abgeschafft. Jetzt stellt die SPÖ mit Werner Faymann den Bundeskanzler. Warum macht er das nicht?

Der Bundeskanzler ist kein Diktator. Ohne Zustimmung der ÖVP kann er kein Gesetz beschließen.

Tanja Wehsely von der Wiener SPÖ hat zuletzt gesagt, wir müssen den Bewohnern Raum geben, Gemeinschaft lässt sich nicht verordnen. Ein Gedankengang, mit dem der Bürgermeister etwas anfangen kann?

In einem Punkt hat sie recht. Von der Wiege bis zur Bahre nur Formulare, also das vollkommen durchorganisierte Leben, das ist passé. Das ist mit der heutigen Individualisierung nicht vereinbar. Ich bin daher sehr dafür, dass man Raum für Eigeninitiativen gibt und dies auch strukturell fördert. Aber all das muss auch getragen werden von Rücksichtnahme und Respekt.

Würde die Stadt auch Privatinitiativen und nicht nur Vereine forcieren und fördern?

Ermutigen selbstverständlich. Die materielle Förderung ist aber eine Rechtsfrage. Wenn jemanden etwas Besseres als die Vereinsstruktur einfällt, bin ich schon dafür.

Ab heute, Sonntag, kann man auf kurier.at/thema/graetzel über die bisher angemeldeten Initiativen abstimmen. Welche der vielen Stadt-Initiativen zu Wiens Grätzel-Königen gekürt werden, entscheidet sich bis August. Bis dahin heißt es – anmelden und sich der Wahl stellen (Details hier).

Mitglieder und Freunde diverser Wiener Vereine scharren in den Startlöchern, um endlich ihre Stimme für die Wahl zu "Wiens Grätzel-Kaiser" abgeben zu können. Einer dieser Initiativen ist die Brunnenpassage, ein Zentrum für Tanz, Kunst, Theater und Musik am Yppenplatz (16. Bezirk), das vor sieben Jahren von der Caritas gegründet wurde. Was damals mit einem Chor vor einem leeren Raum begann, ist mittlerweile Schauplatz von rund 400 Veranstaltungen im Jahr. Das reicht von Theaterkooperationen mit dem Volkstheater bis zum DJane-Kollektive "Brunnhilde".

Das alljährliche Sommerfest ist jedes Jahr ein Highlight für das Grätzel: Halb volle Weingläser und leere Plastikflaschen – mehr braucht die Rhythmikgruppe für ihre Darbietung nicht. Das Publikum ist begeistert. Bis vor die Tür stehen die Gäste, die sich bei Snacks und Bowle das Unterhaltungsprogramm nicht entgehen lassen wollen.

Toleranz

Yindra Soukup singt seit November im Chor der Brunnenpassage mit. Der 56-jährige Künstler ist begeistert von der großen Auswahl an Liedern, die in verschiedensten Sprachen gesungen werden. Und von der Tatsache, dass manchmal sogar Marktstandler oder Kinder aus der Umgebung bei den Proben vorbeischauen. "So viel Offenheit und Toleranz gibt es sonst selten", findet Soukup.

Ebenso sieht das "Bauchklang"-Mitglied Philipp Sageder, der seit etwa einem Jahr einen Rhythmik-Kurs anbietet. Sageder wohnt gleich neben der Brunnenpassage – und findet es "genial", was dieses Kunstzentrum auf die Beine stellt.

Geht es nach Leiterin Anne Wiederhold, sollen noch viele weitere Projekte folgen. Ihr größter Wunsch: eine engere Zusammenarbeit mit den großen kulturellen Institutionen dieser Stadt.

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