Inhaftierter Russe zittert vor Auslieferung

Anatoly Radchenko: Auftragsmörder oder Regimekritiker?
Justiz: Anatoly Radchenko soll Morde in Auftrag gegeben haben.

Für Anatoly Radchenko geht es am Dienstag kommender Woche um sehr viel: Das Oberlandesgericht (OLG) Wien entscheidet über die Auslieferung des mutmaßlichen russischen Auftragsmörders. Das Landesgericht Wien hatte bereits grünes Licht gegeben. Doch Radchenko und seine Anwältin Liane Hirschrich wehrten sich: Der angebliche Verbrecher trat in den Hungerstreik, die Anwältin ging in die nächste Instanz.

Cobra-Zugriff

Die Vorwürfe gegen Radchenko wiegen schwer: Er soll ein einflussreicher Teil der sogenannten "Trunov-Brigade" gewesen sein. Die Gruppe operierte rund um Nowosibirsk, Russland. Auf ihr Konto gehen Auftragsmorde, Schutzgeld-Erpressungen, Wirtschaftskriminalität und Waffenhandel. Radchenko soll Koordinator und Auftraggeber der Morde gewesen sein. Er wurde seit 2009 international gesucht – und im vergangenen Februar von der Cobra in Wien festgenommen. Die Spezialeinheit griff zu, als der 38-Jährige das Postamt in der Landstraßer Hauptstraße aufsuchen wollte.

Die Version des Beschuldigten hört sich allerdings anders an. "Alle Vorwürfe sind konstruiert, um ihn mundtot zu machen", sagt Anwältin Hirschbrich. Radchenko sei vielmehr ein Regimekritiker, der angeblich bereits einem Attentat entgangen sein soll. "Er wurde angeschossen und schwer verletzt. Eine Auslieferung nach Russland käme einem Todesurteil gleich, denn in Russland wird die Justiz immer wieder dafür verwendet, Kritiker zum Schweigen zu bringen. Mein Mandant muss dort mit Folterungen und der Verfolgung durch russische Polizeibeamte rechnen."

In Österreich habe er Schutz gesucht. "Er war als Immobilienmakler tätig", erklärt die Anwältin. "Aber er hatte einen falschen Pass – aus Angst, dass man ihn finden könnte."

Sollte das Oberlandesgericht die Auslieferung bestätigen, geht alles sehr schnell. "Dann wird er innerhalb der nächsten 48 Stunden ausgeliefert", befürchtet Hirschbrich.

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