Illegale Datenabfragen: Finanzbeamter vor Gericht

Symbolbild
Er soll Freunden und Prominenten „nachgeschnüffelt“ haben. Das Urteil (sieben Monate bedingt) ist noch nicht rechtskräftig.

Ein Finanzbeamter, der über Jahre hinweg im Abgabeninformationssystem (AIS) des Bundes nach personenbezogenen Daten von Arbeits- und ehemaligen Schulkollegen stöberte, ist am Montag im Wiener Landesgericht wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Monaten bedingt verurteilt worden. Er war damit einverstanden, Staatsanwältin Patricia Frank gab vorerst keine Erklärung ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der 45-Jährige interessierte sich nicht nur für mehr oder weniger gute Bekannte, sondern darüber hinaus für Prominente wie den Wirtschaftsbund-Obmann Christoph Leitl oder den mittlerweile verstorbenen Billa-Gründer Karl Wlaschek.

Im Zweifel dienstliches Interesse

In diesen Fällen ging der Schöffensenat davon aus, dass bei den Abfragen im Zweifel ein dienstliches Interesse gegeben war, weshalb der Beamte nur zu 14 von insgesamt 36 betroffenen Personen schuldig erkannt wurde. Der Angeklagte war im Tatzeitraum, der die Jahre 2009 bis 2014 umfasste, als Betriebsprüfer auch für Körperschaften des öffentlichen Rechts, parteinahe Organisationen und den ORF zuständig.

Der Mann war vor Gericht bemüht, mit einem reumütigen Geständnis zu punkten. Er schaffte es aber nur begrenzt, eine nachvollziehbare Erklärung abzuliefern, weshalb er sich für den Wohnsitz, Telefonnummern, Geburtsdaten und Einkommensverhältnisse seiner Kollegen interessierte.

„Irren ist menschlich“

Einerseits führte er „Arbeits- und Denkfehler“ ins Treffen. So sei es vorgekommen, dass er bei einigen Abfragen aufgrund einer zufälligen Namensgleichheit im falschen Datensatz landete. „Wie kann das passieren?“, meinte Richter Christian Gneist. „Irren ist menschlich“, beschied ihm der Angeklagte lapidar.

Informationen über einen – weitgehend unbekannten – Kommunalpolitiker oder einen Betriebsrat eines Mineralöl-Unternehmens habe er dagegen „aufgrund der Aktenstruktur meines Amtes“ benötigt, führte der Mann weiter aus. Da sei er „nicht schuldig“.

Arbeitskollegen habe er dagegen auch „in meiner Funktion als Personalvertreter“ abgefragt. So sei etwa einer einmal zu ihm gekommen und habe wissen wollen, was ein interner Wechsel in finanzieller Hinsicht bedeuten würde. „Finanzbeamte können sich nicht ausrechnen, was sie verdienen?“, wunderte sich der Richter. „Nicht alle“, behauptete der 45-Jährige.

„Privat keinen Kontakt“

Die betroffenen Kollegen kannten den Angeklagten kaum und wunderten sich zum Teil sehr, als sie erfuhren, dass er teilweise mehr als 100 Mal nach ihnen „geschnüffelt“ hatte. Ein 37-Jähriger, der als Zeuge befragt wurde, konnte sich an ein einziges kurzes Gespräch mit dem in einem anderen Referat, aber im selben Finanzamt tätigen Betriebsprüfer erinnern: „Er war nett. Aber privat hatten wir keinen Kontakt.“

Weshalb der Angeklagte nach diesem Gespräch insgesamt 107 Mal im AIS nach ihm stöberte, blieb offen. Als der Richter diesen dazu befragte, wandte sich der Angeklagte direkt an den Zeugen: „Haben Sie nicht einmal auf der Mariahilfer Straße gewohnt?“

„Burn Out und Arbeitsstress“

Eine mögliche Erklärung für das inkriminierte Verhalten könnte ein Belastungssyndrom sein, unter dem der 45-Jährige infolge einer ärztlich bescheinigten Erkrankung sowie „Burn Out und Arbeitsstress“ leidet, wie er zu Protokoll gab. „Ich bin laufend in Behandlung. Wenn das alles vorbei ist, werde ich auf Rehab gehen müssen“, verriet er dem Gericht. Ob es für ihn auch berufliche Konsequenzen geben wird, wird die Zukunft zeigen. Über disziplinarrechtliche Folgen wird erst nach Rechtskraft der strafrechtlichen Entscheidung abgesprochen.

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