Höhere Öffi-Tarife: "Rot-grüne Abzocke"

Fahrgäste der Wiener Linien müssen künftig wieder tiefer in die Tasche greifen.
Wiener Opposition kritisiert Tariferhöhung. SPÖ argumentiert mit Steigerung der Öffi-Qualität.

Die angekündigten Tariferhöhungen der Wiener Linien mit Anfang Juli bringt die Rathaus-Opposition auf die Palme. ÖVP und FPÖ haben via Aussendungen unisono die "rot-grüne Abzocke" beklagt. Der freiheitliche Klubchef Johann Gudenus ortete am Freitag gar den endgültigen Beleg dafür, "dass soziale Verantwortung und soziales Gewissen im Wiener Rathaus nur mehr bei der FPÖ vorhanden" sei.

Die rot-grüne Stadtregierung habe sich vom sozialen Grundgedanken verabschiedet, kritisierte Gudenus die "Eiskastenpolitik". Infolge derer würden wieder einmal die sozial Schwachen getroffen.

Auch für ÖVP-Landesparteichef Manfred Juraczka sind die Teuerungen "eine reine Zumutung". "Mit derartigen Maßnahmen wird wohl auch der Öffi-Anteil am Modal Split nicht gehoben werden", analysierte er. Der Ein- bzw. Umstieg zum öffentlichen Verkehr werde durch die Preissteigerungen vielmehr "massiv erschwert". ÖVP-Seniorensprecherin Ingrid Korosec ergänzte, dass die Tarifanhebungen zulasten jener gingen, die sich eine Jahreskarte nicht leisten könnten oder wollten - also auch der Pensionisten.

SPÖ: Großteil der Fahrgäste nicht betroffen

SPÖ-Verkehrssprecher Siegi Lindenmayr verteidigte die Erhöhungen mit dem Hinweis, dass ständig in die Qualität der Öffis investiert werde - aktuell etwa in die (ebenfalls gestern angekündigte, Anm.) Intervallverdichtung der U6 zu morgendlichen Stoßzeiten. Abgesehen davon sei ein Großteil der Öffi-Nutzer von den Teuerungen gar nicht betroffen. Volkspartei und Freiheitlichen warf Lindenmayr Verlogenheit vor. Ein Blick auf ÖVP- oder FPÖ-regierte Städte wie Graz oder Klagenfurt, wo Dauernetzkarten deutlich teurer als in Wien seien, zeige, "wie scheinheilig die gespielte Aufregung der Opposition ist".

Wiener-Linien-Geschäftsführerin Alexandra Reinagl hatte gestern, Donnerstag, angekündigt, dass die Verkehrsbetriebe einige Ticketpreise per 1. Juli anheben werden. Die Jahreskarte der Wiener Linien hingegen soll ihren Preis von 365 Euro halten. Details lesen Sie im Bericht unten.

Bei Öffi-Pendlern sind starke Nerven gefragt. Nicht nur am täglichen Arbeitsweg, auch in finanzieller Hinsicht. Am 1. Juli steht die nächste Tariferhöhung ins Haus.

Es ist nicht die erste Preiserhöhung der jüngeren Vergangenheit. Im vergangenen Juli zogen die Wiener Linien ihre Fahrpreise an. Im Dezember schied die private Westbahn aus dem Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) aus, nachdem in Westbahn-Zügen zuvor von Pendlern bereits Aufschläge auf VOR-Zeitkarten kassiert worden waren. Mit dem heurigen Jahresbeginn wurden auch die ÖBB-Einzelfahrscheine teurer. "Die Preiserhöhungen gelten nicht für Pendler", hieß es damals. Wie der KURIER erfuhr, erhöht nun der VOR ab Juli seine Ticketpreise. Und diesmal sind auch Zeitkarten in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland betroffen.

Geplant sind Preiserhöhungen bei Wochen- und Monatskarten von etwa drei Prozent. Zonen-Einzelfahrscheine werden voraussichtlich 2,20 Euro statt bisher 2,10 Euro kosten. Jahreskarten (ausgenommen in Wien) sollen ab August 2,8 Prozent teurer werden. Generell soll die Erhöhung pro Zeitkarte mit 50 Euro gedeckelt werden.

"Wir sind ein Zusammenschluss von mehr als 40 Verkehrsbetrieben. Alle sind bemüht, durch permanente Investitionen, ihr Angebot zu verbessern. Das macht moderate Tarifanpassungen unumgänglich", begründet VOR-Sprecher Georg Huemer den Schritt. Dass vor allem die im Konkurrenzkampf mit der Westbahn liegende ÖBB die aktuelle Anhebung favorisiert haben soll, will Huemer nicht bestätigen. "Eine Tariferhöhung ist bei uns immer eine von allen Partnern getragene Maßnahme." Unumgänglich sei, dass "der Fahrgast einen fairen Beitrag zur Finanzierung des öffentlichen Verkehrs" leiste.

Zuckerl bleiben

Trotz Kostendrucks bleiben aber bestimmte Produkte von den aktuellen Tariferhöhungen ausgenommen. So etwa ein Kernprojekt der rot-grünen Wiener Stadtregierung. Die Jahreskarte der Wiener Linien, die seit Mai 2012 vor allem auf Betreiben der Grünen um 365 Euro ("Ein Euro pro Tag") angeboten wird, soll ihren Preis halten. Und das, obwohl bereits vor ihrer Einführung Experten keinen Grund für eine billige Jahreskarte in der Bundeshauptstadt sahen. "Für Stammkunden ändert sich also nichts", versichert die Geschäftsführerin der Wiener Linien, Alexandra Reinagl den 603.000 Jahreskartenbesitzern.

Auch das Top-Jugendticket, 2012 in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland eingeführt, ist von der Tarifanpassung ausgenommen. Schüler und Lehrlinge (bis 24 Jahre) können auch weiterhin um 60 Euro pro Jahr alle öffentlichen Verkehrsmittel der drei Bundesländer nutzen.

Beispiele

Pendler, die täglich von St. Pölten zur Arbeit in die Bundeshauptstadt fahren, müssen künftig mit 1530 Euro für eine Jahreskarte (inkl. Wiener Kernzone) kalkulieren – bisher waren es 1480 Euro. Wer eine Jahreskarte von Eisenstadt nach Wien benötigt, zahlt ab August 1386 Euro (statt 1347 Euro).

Die Monatskarte der Wiener Linien steigt von 47 auf 48,20 Euro. Für den Wochenfahrschein sind in Zukunft 16,20 statt 15,80 Euro zu berappen. Reinagl begründet die Tariferhöhungen mit gestiegenen Personalkosten, dichteren Intervallen sowie Investitionen in Service und Sicherheit. Senioren, Studenten oder Schüler müssten aber nicht mehr zahlen. Und Schwarzfahren wird weiter 103 Euro kosten.

Höhere Öffi-Tarife: "Rot-grüne Abzocke"

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