Historiker muss wegen Restitution für ein Jahr ins Gefängnis

Templ erreichte Erbanteil am Sanatorium Fürth für seine Mutter, nun soll er büßen
Stephan Templ hat alle Rechtsmittel ausgeschöpft. Bleibt die Frage: Wer wurde überhaupt betrogen?

Bis Mitte kommender Woche hat Justizminister Wolfgang Brandstetter Zeit, die parlamentarische Anfrage von Grünen Bundesräten zu beantworten, wie er mit dem skurrilen Erbschaftskrimi um Stephan Templ umzugehen gedenkt. Der in Prag lebende Historiker und auf Restitution spezialisierte Autor soll heuer seine einjährige Gefängnisstrafe wegen Betrugs antreten, die weltweit immer wieder für Österreich-kritische Schlagzeilen sorgt.

Das Seltsame an der Verurteilung ist, dass niemand so genau weiß, wen Templ eigentlich betrogen haben soll.

Das herrschaftliche Sanatorium Fürth in Rathaus-Nähe in Wien-Josefstadt, in dem unter anderen Marcel Prawy zur Welt kam, wurde den jüdischen Besitzern von den Nazis geraubt. Erst spät entschloss sich die Republik Österreich zur Rückgabe bzw. Ablöse an die Erben. Templ erfuhr durch Zufall, dass auch seine Mutter Ansprüche hat und erreichte 2005 für sie einen Zuspruch von 1,1 Millionen Euro. Dabei unterschlug er den Behörden jedoch die Schwester seiner Mutter, mit der man über Kreuz ist. Die Tante soll Konten der Familie in der Schweiz abgeräumt haben, weshalb Templ der Ansicht war, man brauche sie beim Sanatorium Fürth nicht berücksichtigen. Eine Frage, die in einem Zivilprozess zu klären wäre und jetzt auch dort behandelt wird (die Tante hat Templ auf 550.000 Euro geklagt). So sahen das auch die Strafrichter, welche die Tante nicht als Privatbeteiligte zuließen und auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Verurteilt wurde Templ wegen Betruges an der Republik Österreich, die ihm den gesamten Betrag (inklusive des möglichen Anspruchs der Tante) ausbezahlt hatte.

Keine Ansprüche

Historiker muss wegen Restitution für ein Jahr ins Gefängnis
APA18715796_06062014 - WIEN - ÖSTERREICH: Journalist Stephan Templ am Freitag, 6. Juni 2014, vor Beginn der Berufungsverhandlung wegen schweren Betrugs an der Republik Österreich im Oberlandesgericht Wien. Die Staatsanwaltschaft hatte Templ vorgeworfen, in einem Restitutionsantrag nur seine Mutter angegeben und seine ebenfalls erbberechtigte Tante verschwiegen zu haben. FOTO: APA/HERBERT NEUBAUER
Der Staat fühlt sich aber gar nicht geschädigt, wie die Finanzprokuratur (Anwaltskanzlei der Republik) im September 2014 mitteilte: Weder liegt eine Schädigung des Bundes vor, noch werden Ansprüche an Stephan Templ erhoben. Ein Fehlurteil also? Die Generalprokuratur hat die Anregung von Templs Londoner Anwalt Robert Amsterdam verworfen, den Fall neu aufzurollen und vor den Obersten Gerichtshof zu bringen.

"Ich kämpfe bis zum Schluss, aber wahnsinnig hoffnungsfroh bin ich nicht", sagt Templ zum KURIER.

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