Heumarkt: Volksanwaltschaft kritisiert Vorgehen der Stadt

Heumarkt
Pürfbericht der Volksanwaltschaft liegt vor. Mehrere Missstände in der Verwaltunger der Stadt festgestellt

Die Stadt Wien muss einmal mehr Kritik wegen des Hochhaus-Projekts am Heumarkt-Areal einstecken. Die Volksanwaltschaft hat am Donnerstag die Ergebnisse ihres Prüfberichts präsentiert. Das Urteil: Gleich mehrere Verfahren hätten der Stadtverfassung widersprochen.

Missstand Nummer eins: Durch die Änderung des Flächenwidmungsplan, der nun den Bau eines 66 Meter hohen Wohnturms ermöglicht, seien die Verpflichtungen gegenüber der UNESCO-Welterbekonvention ignoriert worden. Volksanwältin Gertrude Brinek: „Der Gemeinderat nahm in Kauf, dass das Zentrum von Wien den Welkulturerbestatus verlieren könnte.“

Einen weiteren Missstand sieht die Volksanwaltschaft darin, dass die Stadt ihre eigenen Konzepte ignorierte. Im Hochhauskonzept von 2002 wurde festgehalten, dass die Kernzone des Welterbeareals eine „Ausschlusszone für Hochhäuser“ sei. Es gibt zwar ein jüngeres Konzept („Fachkonzept Hochhäuser – STEP 2025“ von 2014), das Hochhäuser mit „außerordentlichem Mehrwert“ erlaubt. Aber das trat erst in Kraft, als die Architekturbewerbe schon im Gang waren. Selbst wenn man sich aber am jüngeren Konzept orientiert hätte: Die Volksanwaltschaft kann keinen „außerordentlichen Mehrwert“ in einem Wohnturm sehen, der keine, der breiten Masse zugängliche, leistbare Wohnräume enthalte.

Die Volksanwältin hinterfragt auch den Infrastruktur-Vertrag, den die Stadt mit dem Eigentümer abgeschlossen hat. Bei der Prüfung habe man keine diesbezügliche Beteiligung des Eigentümers an konkreten Infrastruktur-Maßnahmen feststellen können. Viertens kritisiert Brinek den Flächenwidmungsplan, der im Juni vom Gemeinderat beschlossen wurde. „Die Flächenwidmung hätte unabhängig vom individuellen Bauprojekt erfolgen müssen und nicht als ,Wunschwidmung’ für den Investor.“

„Parteipolitik“

Die zuständige Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) will die Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen: „Jeder Widmungsakt wird vorab stadtintern verfassungsrechtlich geprüft. So ist das auch hier geschehen. Sollte die Volksanwaltschaft wirklich derart schwerwiegende Zweifel haben, hätte sie eigentlich eine Prüfung bei den Höchstgerichten beantragen müssen. Da das nicht geschehen ist, liegt die Vermutung nahe, dass parteipolitische Überlegungen im Vordergrund stehen. Wir werden den Bericht prüfen.“

Volksanwältin Brinek betont indes, dass sie auch ohne Sanktus der Höchstgerichte auf die Missstände aufmerksam machen könne. Sie empfiehlt der Stadtregierung jedenfalls dringend, die Bauordnung zu konkretisieren. „Dieses schlechte Beispiel für politisches Handeln sollte besser nicht wiederholt werden. Das verunsichert andere Projektwerber und verärgert die Bevölkerung.“

Der grüne City-Klubchef Alexander Hirschenhauser, der im Frühjahr die grün-interne Heumarkt-Urabstimmung initiiert hat, sieht sich durch die Volksanwaltschaft nun bestätigt: „Die Stadt wäre gut beraten, das Projekt noch einmal komplett neu aufzusetzen.“

Ob das historische Zentrum von Wien tatsächlich das Welterbe verliert, könnte bei der UNESCO-Tagung Ende Juni in Manama (Bahrain) entschieden werden. Bei der Tagung im Juli in Krakau war diese Stätte auf die Rote Liste gesetzt worden. Bis 1. Februar muss Österreich den alljährlichen Report über den Erhaltungszustand an die UNESCO liefern.

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