Heime: Richterin wird untersuchen

Heime: Richterin wird untersuchen
Die Stadt Wien präsentierte Barbara Helige als Vorsitzende der Kommission. Weitere Namen wurden nicht genannt.

Sie ist Präsidentin der Österreichischen Liga für Menschenrechte, war unter anderem Präsidentin der Richtervereinigung und ist seit 1985 als Familienrichterin tätig. Jetzt wurde die 53-jährige Barbara Helige zur Vorsitzenden der unabhängigen Untersuchungskommission ausgewählt, um sämtliche Vorwürfe rund um das ehemalige Kinderheim im Schloss Wilhelminenberg aufzuklären.

"Ich war erschüttert, wie Sie alle erschüttert waren. Was ist da passiert? Was wurde da als Wohl des Kindes verstanden?", sagte Helige bei ihrer Präsentation vor den Journalisten. Die Familienrichterin verspricht Unabhängigkeit. Der zuständige Stadtrat Christian Oxonitsch habe ihr die weitere Zusammensetzung der Kommission überlassen und ihr gegenüber keinerlei Wünsche geäußert. "Die Kommission muss unabhängig sein", ist Helige überzeugt. "Ich muss die Möglichkeit haben, die Professionen und Menschen auszuwählen." Über die weiteren Mitglieder der Kommission konnte sie noch nicht viel sagen, nur so viel: Die Kommission wird aus etwa vier oder fünf Personen bestehen; ein Experte soll aus der Pädagogik kommen.

Tätigkeit

Helige fordert neben Unabhängigkeit auch Zugang zu sämtlichen Archiven und Transparenz: "Es muss klar sein, dass wir Zugang zu allen Daten bekommen." Als Leiterin der Untersuchungskommission will die 53-Jährige vor allem einer Frage nachgehen: "Was ist passiert?" Sie will weiter wissen, "wer wann was gemacht hat", wie die Verwaltungshierachie reagiert hat und ob die Politik damals womöglich weggeschaut hat. "Es darf da überhaupt nichts tabu sein. Alles, was da ist, muss auf den Tisch gelegt werden."

Der Untersuchungszeitraum soll den gesamten Zeitraum der Vorwürfe umfassen, also ab Ende der 1940er-Jahre bis zum Jahr 1977, als das Kinderheim am Wilhelminenberg geschlossen wurde. Helige will ein "Gesamtbild" der damaligen Situation schaffen, deshalb möchte sie mit "jeder Art von Zeitzeugen" zusammenarbeiten.

Ansprechpartner für die Opfer bezüglich Entschädigungszahlungen und Therapiemöglichkeiten wird weiterhin die Opferschutz-Organisation Weisser Ring sein.
Bis Ende November soll die konstituierende Sitzung der Kommission stattfinden. Wann sie einen ersten Bericht präsentieren kann, könne sie noch nicht sagen, aber: "Die Ergebnisse unserer Tätigkeit sollen in geeigneter Form publiziert und diskutiert werden können."

Schlagabtausch

Schon bevor Oxonitsch Helige als neue Leiterin der Kommission präsentierte, wurde die Causa im Gemeinderat von allen Parteien sachlich diskutiert. In den folgenden Presseaussendungen konnte von Sachlichkeit jedoch keine Rede mehr sein.

ÖVP und FPÖ bemühten sich, der SPÖ die politische Verantwortung für die Geschehnisse am Wilhelminenberg umzuhängen. Von "Vertuschung", sprach FP-Klubobmann Johann Gudenus, von "Mitschuldigkeit" VP-Mandatar Wolfgang Ulm. Oxonitsch versprach indes, nicht nur die neue Kommission, sondern auch die von der Kinder- und Jugendanwaltschaft geforderte Ombudsstelle für fremduntergebrachte Kinder einzurichten.

Zur Person: Barbara Helige

Richterin Barbara Helige, 53, die Vorsitzende der Kommission zur Aufarbeitung der Geschehnisse in Wiener Kinderheimen, ist Spezialistin für Familienrecht. Sie wurde 1998 als erste Frau zur Präsidentin der Richtervereinigung gewählt. Ihre Amtszeit war vom Kampf gegen Sparmaßnahmen unter ständigem Pochen auf die richterliche Unabhängigkeit geprägt. Seit 2007 agiert die Juristin als Präsidentin der Österreichischen Liga für Menschenrechte. Im Fall Arigona Zogaj forderte sie den Staat zu humanem Umgang mit Flüchtlingen auf. Auch im Kampf um die Gleichberechtigung homosexueller Paare machte sie sich einen Namen.

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