Nach Hauseinsturz: Mahü bleibt gesperrt

Die Gasexplosion in einem Haus in der Mariahilfer Straße forderte mehrere Verletzte und einen Toten.
Sanierungsarbeiten am Gebäude bis zur statischen Sicherheit erforderlich. Noch zwei Personen im Krankenhaus, Zustand stabil.

Nach dem Hauseinsturz in Wien-Rudolfsheim-Fünfhaus bleibt die Äußere Mariahilfer Straße bis auf Weiteres gesperrt. Laut Gerald Schimpf, Sprecher der Wiener Berufsfeuerwehr, muss das Gebäude in der Mariahilfer Straße 182 bis zur statischen Sicherheit saniert werden. Damit wurde das Schadenssanierungsunternehmen Belfor beauftragt.

Anrainer durften kurz ins Haus

Unterdessen konnten einige der Anrainer der betroffenen Wohnungen am Montagvormittag kurz in ihre Appartements zurückkehren, um Dokumente und Wertgegenstände abzuholen, sagte Heimo Ernst Weiss, Geschäftsführer von Belfor. Dies war möglich, weil die Statiker der Stadt Wien das Einverständnis gaben. Das war aber nicht für alle Wohnungen möglich.

Die Berufsfeuerwehr schloss gegen Mittag ihren Einsatz ab und übergab die Baustelle an die Baubehörde bzw. an Belfor. Am Vormittag waren noch rund 30 Feuerwehrleute im Einsatz gewesen, sagte Schimpf. Von den drei Opfern in Spitalsbehandlung sollte eines noch im Laufe des Montags das Spital verlassen, sagte Conny Lindner, Sprecherin des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV). Die anderen beiden Opfer blieben weiter in stationärer Behandlung. Ein Mann befand sich weiterhin auf der Intensivstation, war aber in stabilem Zustand. Eine 48-Jährige, die am Samstag erst nach Stunden aus den Trümmern geborgen worden war, lag ebenfalls weiterhin im Krankenhaus auf einer Normalstation.

Suizid aus Liebeskummer

Ein Teil des Hauses war am Samstagvormittag in die Luft geflogen, weil ein 19-Jähriger in Selbstmordabsicht den Gasherd in seiner Wohnung manipuliert hatte. Er wurde Stunden später aus den Trümmern geborgen und starb unmittelbar danach. Laut Polizei war das Obduktionsergebnis am Montag noch offen. Dass der junge Mann seine Suizidabsichten vorher geäußert hatte, war der Exekutive jedenfalls nicht zur Kenntnis gebracht worden.

Befragungen der Freunde ergaben eine Fülle bisher nicht verifizierbarer Informationen. Ein Beispiel: Der 19-Jährige habe sich nicht in die Luft sprengen, sondern mit dem Gas vergiften wollen. Die Explosion habe er ausgelöst, weil er sich eine Zigarette angezündet habe. Von mehreren Seiten hörten die Beamten, dass es tatsächlich um Liebeskummer gegangen sein könnte. Seine Freunde dürften mit ihm über seine Probleme gesprochen haben. Keine Spur fanden die Einsatzkräfte bisher vom Haustier des 19-Jährigen. Er hatte eine Vogelspinne gehalten.

Statiker im Einsatz

An der Unfallstelle waren mehrere Statiker im Einsatz, bestätigte eine Sprecherin der Baupolizei. Die Aufgabe seiner Firma beschrieb Belfor-Geschäftsführer Weiss so: "So schnell wie möglich, aber vorsichtig" den schadhaften Teil des Hauses Schicht für Schicht abtragen, bis die statische Stabilität des Gebäudes gegeben ist. Dazu hat Belfor zunächst auf der rechten Seite des durch die Explosion entstandenen Kegels mit den Arbeiten begonnen. Danach kommt die linke, an die Denglergasse grenzende Seite an die Reihe.

Jeweils nach der Abtragung einer Schicht kann die statische Situation neu bewertet werden. Laut Weiss gibt es alle sechs Stunden Besprechungen mit der Baupolizei und Statikern. Nicht zuletzt geht es darum, die Mariahilfer Straße möglichst rasch wieder für den Öffentlichen und den Individualverkehr zu öffnen. Wann das sein wird, stand Montagmittag noch in den Sternen.

Ersatzquartiere eingerichtet

Die Bewohner des Gebäudes übersiedelten indes in Ersatzquartiere, die das Büro für Sofortmaßnahmen zur Verfügung stellte. "Wir haben inzwischen alle Personen, die ein Ersatzquartier benötigt haben, untergebracht", bestätigte Walter Hillerer, Leiter des Büros für Sofortmaßnahmen der APA. Vier Familien übersiedelten in Notfallswohnungen, zwei Personen bezogen das Notquartier des Büros in der Reichsapfelgasse. Andere kamen bei Verwandten oder Freunden unter oder befinden sich derzeit noch im Spital.

"Werden Teile des Hauses oder das gesamte Gebäude abgerissen, bemühen wir uns auch um dauerhafte Ersatzlösungen", erklärte Hillerer. Dann stelle das Büro für Sofortmaßnahmen bereits eingerichtete sogenannte Prekariumswohnungen zur Verfügung, bei denen auch so weit wie möglich auf die Wünsche der Mieter eingegangen werde.

Die Wirtschaftskammer Wien kündigte unterdessen Soforthilfe für betroffene Unternehmer an. Sie sollen aus den Mitteln des Notlagenfonds entschädigt werden.

Dass Lebensmüde auf derart folgenschwere Art und Weise – wie mit einer Gasexplosion – aus dem Leben scheiden, ist keine Seltenheit. Seit 2010 gab es in Österreich zumindest vier ähnlich gelagerte Fälle.

Nach der Explosion und dem teilweisen Einsturz eines Wohnhauses in der Wiener Mariahilfer Straße arbeiten derzeit mehrere Statiker an der Unfallstelle. Die Gesamtsituation sei im Moment gesichert, bestätigte eine Sprecherin der Baupolizei. Einige Teile des Gemäuers müssten jedoch abgetragen werden - diese Arbeiten sollen im Laufe des Tages beginnen (mehr dazu siehe Abschnitt unten)

Die Statikexperten der Stadt Wien und der von der Hausverwaltung beauftragten Baufirma waren am Montag damit beschäftigt, Teile des Hauses anzuzeichnen, die abgetragen werden müssen. "Dabei geht man Stück vor Stück vor und tastet sich langsam voran", so die Sprecherin. Betroffen sind etwa die Außenmauer Richtung Mariahilfer Straße, teilweise die Außenmauer des zweiten Stocks sowie Teile der dritten Etage. Zusätzlich muss nach derzeitigem Stand der Dachstuhl abgetragen werden.

"Da es sich um einen Vierkanter handelt, kann wahrscheinlich der hintere Bereich des Hauses erhalten bleiben, während der Dachstuhl und der gesamte Straßenbereich vermutlich abzutragen sind", erklärte die Sprecherin. Einsturzgefahr bestehe im Moment jedenfalls nicht.

Die Bewohner des Gebäudes übersiedelten indes in Ersatzquartiere, die das Büro für Sofortmaßnahmen zur Verfügung stellte. "Wir haben inzwischen alle Personen, die ein Ersatzquartier benötigt haben, untergebracht", bestätigte Walter Hillerer, Leiter des Büros für Sofortmaßnahmen der APA. Vier Familien übersiedelten in Notfallswohnungen, zwei Personen bezogen das Notquartier des Büros in der Reichsapfelgasse. Andere kamen bei Verwandten oder Freunden unter oder befinden sich derzeit noch im Spital.

"Werden Teile des Hauses oder das gesamte Gebäude abgerissen, bemühen wir uns auch um dauerhafte Ersatzlösungen", erklärte Hillerer. Dann stelle das Büro für Sofortmaßnahmen bereits eingerichtete sogenannte Prekariumswohnungen zur Verfügung, bei denen auch so weit wie möglich auf die Wünsche der Mieter eingegangen werde.

48-Jährige schwer verletzt

Schwerer verletzt als ursprünglich angenommen wurde jene 48 Jahre alte Frau, die erst nach fast acht Stunden aus den Trümmern geborgen werden konnte. Sie war nach Angaben von Andrea Danmayr, Sprecherin des Wiener Krankenanstaltenverbundes, eine von drei Hausbewohnern, die vorerst auf die Intensivstation gebracht worden war, konnte aber im Laufe des Sonntags auf die Normalstation verlegt werden. Ein Patient lag noch auf der Intensivstation, akute Lebensgefahr bestand nicht. Nach dem Hauseinsturz wurden 14 Personen in Krankenhäuser gebracht und großteils noch am selben Tag entlassen.

14 Verletzte

Durch die Wucht der Explosion waren am Samstag die beiden oberen Stockwerke des Hauses in der Mariahilfer Straße 182 eingestürzt, neben dem Todesopfer wurden insgesamt 14 Personen verletzt. Es war eine gewaltige Druckwelle, die am Samstag kurz nach 10 Uhr die Umgebung des viergeschoßigen Wohnhauses erschütterte. Mit einem ohrenbetäubenden Knall stürzten weite Teile des Altbaus vom Dach bis zum ersten Stock in sich zusammen.

Die Explosion löste eine dramatische Rettungsaktion aus. Die Suchtrupps und Bergemannschaften riskierten am Samstag in dem Trümmerhaus ihr Leben, um Bewohner zu retten. Im Fall des 19-Jährigen, der offenbar auch Auslöser der Explosion war, war die Aktion vergeblich. Der junge Mann konnte zwar fünf Stunden nach dem Hauseinsturz geborgen werden. Er starb aber im Spital.

Am späten Nachmittag, mehrere Stunden nach der Bergung des 19-Jährigen, schlugen die Hunde erneut an. Mit Motorsägen und schwerem Gerät kämpften sich die Helfer durch Balken und Schutt. "Die starken Balken liegen herum wie Mikado-Stäbchen, da bilden sich Hohlräume", erklärt Feuerwehr-Sprecher Christian Feiler. Acht Stunden nach der Explosion wurde eine 48-jährige Bewohnerin aus einem solchen Hohlraum geborgen.

Das war wie am 11. September. Eine dicke Staubwolke zog durch die Straßen, man konnte nicht einmal mehr die Hand vor Augen sehen“. Tony Pusztai und Gergis Nader betreiben neben dem Wohnhaus in der Äußeren Mariahilfer Straße 185 ihre Geschäftsläden. Sie erlebten den Hauseinsturz Samstagvormittag aus nächster Nähe mit.

„Ich dachte, jetzt ist vor der Türe eine Autobombe explodiert. Die Wände haben gebebt und die Leute sind aus den Häusern und Geschäften auf die Straße gelaufen“, schildert Pusztai die dramatischen Momente.

Zunächst herrschte große Verunsicherung, was genau geschehen war. Kurz nach dem ohrenbetäubenden Knall des Einsturzes herrschte bedrückende Stille. Nur ab und an war ein Schrei zu vernehmen. „Wo das genau herkam, wusste man aber nicht“, erzählt der Mitarbeiter einer Fleischerei nur unweit der Unglücksstelle. Die Mariahilfer Straße glich im näheren Umkreis eines Trümmerfeldes. Ziegel wurden gegen das gegenüberliegende Gebäude geschleudert, Autos unter den riesigen Schutthaufen begraben.

Auch Dutzende Auslagenscheiben hatten der Druckwelle ebenso wenig Stand gehalten, wie die Fenster der benachbarten Wohnungen. „Mit einem Knall sind die Scheiben einfach rausgeflogen“, zeigt Nader auf den Scherbenhaufen vor seinem Geschäftslokal. Die ausgefallenen Wasserpfeifen, die er verkauft, liegen kreuz und quer in seinem Laden. Aus Angst davor, bestohlen zu werden, bemühten sich die Unternehmer, ihre beschädigten Auslagen vor dem Abend zu verbarrikadieren. An den Einbau neuer Scheiben war so rasch nicht zu denken.

Nach Hauseinsturz: Mahü bleibt gesperrt

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