Häupls Kampf um die Mittelschicht

Häupls Kampf um die Mittelschicht
Interview: Wiens Bürgermeister Michael Häupl will seine Partei 2012 schlagfertiger im Kampf gegen die FPÖ machen.

Im zweiten Teil des KURIER-Interviews erklärt Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), wie er seine Partei besser auf den Polit-Gegner FPÖ einstellen möchte. Nach der Gemeindebauoffensive der letzten Jahre werden die Funktionäre nun die Genossenschaftsbewohner aufsuchen.

KURIER: Noch vor einem halben Jahr haben Sie im Zweikampf mit der FPÖ die Parole ausgegeben: Die SPÖ muss zurück ins Wirtshaus und in die Gemeindebauten. Seither ist nicht viel passiert.
Michael Häupl: Falsch. Wohnbaustadtrat Michael Ludwig ist dabei, Wiener Wohnen neu zu ordnen. Unsere Analysen zeigen, dass wir bei älteren Männern, die in Genossenschaftswohnungen leben, die stärksten Einbrüche hatten. Um diese Leute haben wir uns zu wenig gekümmert. Gleichzeitig hat die FPÖ in der Mittelschicht stark zugelegt. Die Angst dieser Menschen vor dem sozialen Abstieg ist heute größer als vor ein paar Jahren.

Männer im fortgeschrittenen Alter mit Genossenschaftswohnung dürfen also bald mit roten Postwurfsendungen rechnen?

Nein, wir müssen noch mehr Klinken putzen. Und die zweite Herausforderung ist, nicht nur den Kopf des Wählers, sondern auch seinen Bauch zu erreichen. Wir müssen emotionaler argumentieren, ohne dabei blöd daherzureden wie ein gewisser Herr Strache.

Mit Verlaub: Wer in der SPÖ Wien emotionalisiert die Wähler, außer Sie selbst?
Die Frage lasse ich unbeantwortet. Die Aufgabe ist schwierig. Wir werden am Landesparteitag im Mai ein neues Arbeitsprogramm beschließen, in das die Meinung unserer Basis einfließen wird.


Die Bundesregierung fahndet nach zwei Milliarden Euro, um ein Sparpaket zu schnüren und das Triple-A-Rating zu sichern. Und die SPÖ scheint bei Studiengebühren fündig zu werden. Kommt 2012 ein Comeback?
Die Studiengebühren sind für mich kein Thema. Thema ist der Zustand der Unis, der miserable Betreuungsschlüssel und die Tatsache, dass zu viele Studenten gezwungen sind, nebenbei zu arbeiten. Wir brauchen ein neues Stipendiengesetz, von dem die Ärmsten, aber auch die Mittelschicht profitieren.

Zuerst also ein Stipendienpaket schnüren, dann erst über Gebühren reden?
Ich habe die Eidgenössische Technische Hochschule in Lausanne besucht. Die sind in zwölf Jahren aus dem universitären Nirgendwo unter die sechs besten Unis der Welt gekommen – ohne Gebühren und Zugangsbeschränkung. Das Gebühren-Thema ist völlig überbewertet. Es geht lediglich um 140 Millionen Euro im Jahr.

Sie forderten im KURIER von der Bundespartei mehr Profilschärfe. Heißt das neue Profil angesichts geplanter Erbschafts- und Schenkungssteuer „Eat The Rich“?
Faktum ist, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufgeht. Uns geht es darum, den sozialen Frieden zu erhalten. Und dazu müssen auch jene beitragen, die mehr als genug haben.

Es gibt das Gerücht, dass 2012 Neuwahlen im Bund bevorstehen, um die FPÖ auszubremsen. Die Hoffnung: In der Krise setzen Wähler auf stabilere Kräfte. Würden Sie den Genossen zu diesem Vorgehen raten?
Wie gesagt, es handelt sich um ein Gerücht. Und Gerüchte kommentiere ich nicht.

Herr Bürgermeister, haben Sie einen Neujahrsvorsatz?
(lacht) Verlässlich Sport machen.

(Wir bedauern - wegen der verbalen Entgleisungen einiger Teilnehmerinnen und Teilnehmer musste dieses Forum geschlossen werden.  - die Red)

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