Grüne wollen höher bauen, Anrainer auf den Barrikaden

In der Seestadt Aspern entstehen 20.000 Wohnungen mit U-Bahn-Anschluss auf der grünen Wiese. Ohne Proteste, da es keine Anrainer gibt
In den kommenden zehn Jahren werden 200.000 Menschen nach Wien ziehen. Das bringt Probleme.

Fragt man den grünen Planungssprecher Christoph Chorherr nach der größten Herausforderung der Zukunft, verweist er gerne auf die Seestadt Aspern. Dort entstehen in den nächsten zehn Jahren Wohnungen für mehr als 20.000 Menschen.

„Das entspricht dem Zuwachs, den Wien in nur einem Jahr hat“, sagt Chorherr. Bis 2025 werden laut Prognose 200.000 Menschen mehr in Wien wohnen, schon 2030 könnte die Zwei-Millionen-Grenze fallen. Gleichzeitig soll Wohnen in der Stadt leistbar bleiben. Also muss auf Teufel komm raus gebaut werden, vielfach gefördert durch die Stadt. Laut neuem Stadtentwicklungsplan werden allein 2014 knapp 20.000 neue Wohnungen gewidmet. Bis 2025 will man Flächen für 120.000 neue Wohnungen sichern. Gleichzeitig soll aber der hohe Grünanteil der Stadt erhalten werden. Wie das gehen soll? Man baut höher. Dass just die Grünen jetzt Hochhausbauten verteidigen, ist aber neu.

„Hochhäuser und Ökologie sind kein Widerspruch“, sagt Chorherr. Angesichts des Bevölkerungswachstums brauche man dichtere Verbauung, um die Infrastruktur besser nutzen zu können. „Nur mit Reihenhäusern können wir den Boom nicht abfangen.“ Neben Ausbauten in der Innenstadt sollen in den Außenbezirken entlang der U-Bahn neue Wohnungen entstehen. Nicht zur Freude der dortigen Bürger.

Unmenschlich

„Ich verstehe nicht, warum man so unmenschlich hoch baut“, sagt Christoph Illnar von der Bürgerinitiative „In der Wiesen“ in den kalten Jänner-Nebel. In der Erlaaer Straße stehen direkt neben der U6-Station Reihenhäuser umgeben von kleinen Handwerksbetrieben, Gärtnereien und Wiesen. Doch nun will Bauträger Buwog genau gegenüber eine hohe Wohnhausanlage errichten. Seitdem laufen die Anrainer Sturm. Pikanterweise sind auch die Reihenhäuser vieler Anrainer vor wenigen Jahren von der Buwog errichtet worden. „Damals hat es geheißen, das neue Projekt werde so ähnlich wie das bestehende“, sagt Illnar. Was den Jungvater noch ärgert: „Rundherum gibt es mehrere Gebiete, auf denen gebaut wird. Doch nur bei uns wird es so hoch. Es fehlt ein Gesamtkonzept.“

Natürlich gebe es ein Gesamtkonzept, widerspricht Chorherr. Auch gab es mehrere Treffen mit den Anrainern. Die Buwog hat die ursprünglichen Pläne nun abgeändert, die Gebäude werden niedriger. Man sei mit den Änderungen der Bürgerinitiative sehr entgegen gekommen, sagt ein Buwog-Sprecher: „Entlang der Erlaaer Straße haben wir sogar auf zwölf Meter Bauhöhe reduziert.“

Für die Anrainer nur kosmetische Änderungen. Am liebsten wäre es ihnen, wenn gar nicht gebaut werden würde. Das Einbinden der Bürger sei wichtig, sagt Chorherr. „Aber man kann nicht die Anrainer über neue Bauprojekte abstimmen lassen. Sonst könnten wir die Stadtplanung gleich einstellen.“

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