Glücksspiel-Verbot: Flucht an den virtuellen Spieltisch

Seit 1. Jänner ist in Wien das kleine Glücksspiel verboten. Die Automatenbetreiber kündigen Widerstand an.
Online-Glücksspiel wird massiv beworben – dabei ist das in den meisten Fällen nicht erlaubt.

Der Finanzpolizei wird in den nächsten Tagen und Wochen bestimmt nicht langweilig. Seit Jahresbeginn ist in der Bundeshauptstadt das kleine Glücksspiel verboten. Nun liegt es an den Beamten zu überprüfen, ob das Verbot auch tatsächlich eingehalten wird.

Wilfried Lehner, Chef der Wiener Finanzpolizei, zieht eine erste Bilanz: Allem Anschein nach würde ein Großteil der Betreiber die Neuregelung befolgen. Für den Bedarfsfall stehen aber auch Beamte aus Niederösterreich bereit, um bei Kontrollen zu unterstützen.

All jene, die nach der ersten Schrecksekunde vielleicht daran denken könnten, es "doch zu probieren", rechnet Lehner vor: Illegales Betreiben von Automaten kann bis zu 60.000 Euro kosten. Pro Gerät. Zur Kassa werden alle Beteiligten gebeten: Betreiber, aber auch Besitzer.

Alternativen

Dass die Spielsüchtigen durch abgedrehte Automaten vom Spielen abgehalten werden, bezweifeln allerdings viele. Neben Ausflügen nach Baden oder Bratislava – in von Automatenbetreibern bezahlten Taxis – fürchten Experten vor allem die Flucht zu Online-Portalen. Diese bieten den Spielern (zumindest scheinbar) die große Anonymität, die sich die meisten wünschen. Psychologe und Spielsuchtexperte Aron Kampusch dazu: "Dass diese Glücksspiel-Sparte nicht strenger kontrolliert wird, erachte ich für höchst gefährlich."

Glücksspiel-Verbot: Flucht an den virtuellen Spieltisch
Werbung Mr Green
Präsent genug sind Online-Anbieter wie Mr Green oder win2day durch Inserate jedenfalls. Selbst in der TV-Werbung trifft man regelmäßig auf die wundersame Welt des Mr Green. Vermittelt wird dabei ein "Saubermann-Image", das Kampusch "sehr verwerflich" findet.

Legal sind jedoch ausschließlich die Einschaltungen von win2day. Als Internet-Tochter der Casinos Austria hat diese Plattform als einzige eine Bundeskonzession. Alle anderen Anbieter sind in Österreich de facto verboten – ihre Werbung ebenso.

Keine Konsequenzen

Geahndet werden die Einschaltungen offenbar nicht. Immerhin: Im aktuellen Regierungsprogramm wurde angekündigt, dass die Werbeverbote für nicht lizenzierte Anbieter, insbesondere im Online-Bereich, effektiver umgesetzt werden. Das Problem: Da viele Plattformen einen Sitz in Malta oder andern europäischen Ländern haben, enden viele Streitigkeiten vor dem EuGH. Ein Schritt, den die heimischen Behörden offenbar scheuen.

Das kleine Glücksspiel ist erledigt.“ – So triumphierte ein grüner Mandatar, als in Wien die Automaten verboten wurden. Aber so, wie sich die kleinen Maxis von Rot und Grün die Welt vorstellen, ist sie leider nicht. Als zu Beginn des Jahres die Automatencasinos geschlossen wurden, waren die stolzen Politiker auf Urlaub, die Casinobetreiber aber leider gut vorbereitet. Per Autobus und Taxi wurden Spieler nach Niederösterreich und Bratislava geschickt, auf Kosten der Casinos natürlich, die wissen, dass sie immer gewinnen.

Spielsucht ist, wie der Name schon verrät, eine Krankheit. Die heilt man nicht durch Verbote, sondern durch Zuwendung und Hilfe. Eine Stadt, die ihre Gesetze nicht nur formal ernst nimmt, hätte die Süchtigen bei den Automaten abholen müssen, anstatt sie denen zu überlassen, die das zweifelhafte Glück haben, von der Sucht anderer zu leben. Hier wird auch wieder einmal die Absurdität aufgezeigt, zu der unser Föderalismus führen kann: Wenn das kleine Glücksspiel in Wien verboten, ein paar Kilometer außerhalb aber erlaubt ist, dann ist das Verbot in Wien nur eine Arbeitsbeschaffung für Transportbetriebe. Wir brauchen zumindest bundesweite Regeln für das Glücksspiel, europaweit wäre noch besser.

Denn schnell reagiert haben auch Unternehmen, die grenzenlos, nämlich im Internet, Spielsüchtige abzocken. Und dabei offensichtlich Gesetze brechen, weil ihre Werbung, auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, verboten ist. Die Zockerei darf nicht in die Illegalität gedrängt werden, muss also kontrolliert werden. Der Staat darf nicht vom Suchtverhalten kranker Menschen finanziell profitieren, sondern muss seine Bürger schützen. Da reichen Verbote allein aber nicht.

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