Gericht kritisiert Rechnung an Mutter für toten Sohn

Florian starb am 12. Juni 2015
Impfschaden: 82-Jährige pflegte Sohn bis zum Tod, nun fordert Sozialamt 20.000 Euro Mindestsicherung zurück

Dieses Urteil steckt sich das Sozialamt der Stadt Wien nicht hinter den Spiegel. Vor allem der Satz, es sei bloß "ansatzweise ermittelt" worden, sitzt.

"Unerwartet früh bist Du gegangen", stand auf seinem Partezettel: Gunthilde Schmidt hat ihren Sohn Florian 26 Jahre bis zu seinem Tod daheim gepflegt. Ab dem Jahr 1989, nach zwei Impfungen (Tetanus und Polio-Salk), war der Student langsam verfallen. In einem Gutachten und im Pflegegeld-Bescheid wurde ein Impfschaden vermerkt, für den es allerdings nie eine Entschädigung gab. Florian konnte die Wohnung nicht mehr verlassen, musste rund um die Uhr versorgt werden, die Mutter richtete ihr Leben vollkommen auf das Leiden des Sohnes aus. 2010 überschrieb sie ihm die Eigentumswohnung, damit er abgesichert ist, wenn sie einmal nicht mehr da sein würde. Aber Florian starb vor ihr, am 12. Juni 2015.

Nun trat die Magistratsabteilung 40 auf den Plan. Die 82-jährige Frau wurde für ihren toten Sohn zur Kasse gebeten. Man forderte von ihr die Kosten für die Mindestsicherung von rund 20.000 Euro, die Florian erhalten hatte. Sie verfüge ja über Vermögen, weil sie die Eigentumswohnung vom toten Sohn quasi zurück geerbt habe. Seit diesem Zeitpunkt wird mit Gunthilde Schmidt ein perfides Katz- und Mausspiel getrieben: Der Beschluss wurde zugestellt, wegen eines Formalfehlers aufgehoben und gleich darauf neu gefasst. Dann ging Rechtsanwalt Gerold Beneder mit dem traurigen Fall zum Landesverwaltungsgericht – und bekam nun Recht: Der Bescheid wurde aufgehoben, weil nicht berücksichtigt worden war, dass die Eigentumswohnung dem dringenden Wohnbedarf von Frau Schmidt dient.

Pflegeaufwand

Außerdem hat man bei der MA 40 nicht bedacht, dass die Mutter einen Anspruch auf Ersatz des Pflegeaufwandes für ihren Sohn hat. Der Betrag würde die geforderten 20.000 Euro übersteigen. Bleibt abzuwarten, ob es das Sozialamt ein drittes Mal versucht. Anwalt Beneder: "Es ist rätselhaft, warum die Stadt Wien so vehement gegen die aufopfernd pflegende Frau vorgeht."

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