Geprügelter Mann holt Polizei – die wirft ihn hinaus

Polizeieinsatz endete mit Betretungsverbot
Wegweisung wurde vom Verwaltungsgericht verurteilt.

Wie sagte der eine Polizeibeamte bei seinem Zeugenauftritt vor dem Verwaltungsgericht Wien so schön? "Mir ist schon bewusst, dass es widersprüchlich wirken kann, wenn jemand beim Notruf anruft – und er dann weggewiesen wird."

Der Haussegen bei einem Wiener Ehepaar hängt seit längerer Zeit schief, die Scheidung ist eingeleitet, die Sache eskaliert. Am 30. März kommt es wieder zum Streit. Die Frau schlägt ihrem Mann die Brille von der Nase, der fuchtelt halb blind mit den Armen, erwischt sie dabei an der Wange. Er alarmiert die Polizei. Als die Beamten eintreffen, ersucht er darum, sie mögen seiner Frau Einhalt gebieten und sie aus der Wohnung weisen. Sie sei die ganze Zeit über schon so aggressiv zu ihm und seinem 16-jährigen Sohn, der zu dem Zeitpunkt krank in seinem Zimmer schläft.

Kein Gewaltrisiko

Die Polizisten erklären, dass ihre Funktion keine beratende sei. Sie sehen die kaputte Brille des Mannes und eine leichte Rötung auf der Wange der Frau, sie vernehmen beide. Die Frau wird nicht gefragt, ob sie sich vor dem Mann fürchte. Über eine Gewaltbereitschaft von seiner Seite macht sie keinerlei Angaben.

Ein Beamter äußert sich dahingehend, dass "wahrscheinlich ein Betretungsverbot ausgesprochen" werde, er müsse aber noch mit dem Polizeijuristen telefonische Rücksprache halten. Es sei daher "auch noch nicht klar, wer gehen wird".

Später füllen die Beamten ein für solche Einsätze übliches Formular aus, auf dem bereits Textbausteine in Richtung "erhöhte Gefährlichkeit" als Ausfüllhilfe vorgegeben sind. Mit dem vorliegenden Fall haben die Angaben laut dem späteren – vom Wiener Rechtsanwalt Florian Kucera erkämpften – Urteil des Verwaltungsgerichts nichts zu tun.

Sohn ausgeliefert

Jedenfalls wird die Gewaltbereitschaft innerhalb der Familie als hoch eingeschätzt – und der Mann, der den Notruf getätigt hat, aus der Wohnung weggewiesen. Er darf nicht einmal mehr den Gehsteig davor betreten. Sein Einwand, dass sein Sohn damit der aggressiven Stiefmutter ausgeliefert sei, wird abgewimmelt. Der könne sich schon selbst wehren, heißt es. Später sagt die Stiefmutter als Zeugin, es wäre das Beste gewesen, auch gleich den Buben wegzuweisen.

Den offensichtlichen Reflex – weggewiesen wird der Mann – erklärt das Verwaltungsgericht für rechtswidrig. Es war nicht nachvollziehbar, dem Mann Gewaltbereitschaft zu unterstellen, bloß weil die Frau damals "aufgelöst" war und eine gerötete Wange hatte. Über das Zurücklassen des kranken Buben bei der übergriffigen Stiefmutter verlor das Gericht kein Wort.

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