"Gefahr in Verzug" bei Gasthermen

"Gefahr in Verzug" bei Gasthermen
Ein neues Messgerät könnte erhöhte CO-Werte frühzeitig erkennen - gesetzlich vorgeschrieben ist es bisher nicht.

Es ist eine unsichtbare Gefahr. Erst am Donnerstag strömte in einer Wohnung in Wien-Favoriten eine lebensbedrohliche Menge Gas aus einer defekten Therme. Eine 22-Jährige sackte daraufhin im Bad zusammen. "Ich hab' es nicht geschafft, sie aus der Wohnung zu bringen", erzählt ihre 19-jährige Schwester. Sie und eine Freundin reagierten aber richtig: Sie öffneten die Fenster, wählten den Notruf. Alle drei mussten ins Spital, sind aber wieder wohlauf.

Solche brenzligen Situationen sind keine Einzelfälle. Ein neues Gerät könnte die erhöhten CO-Werte aber frühzeitig erkennen und die Gefahr sichtbar machen - gesetzlich vorgeschrieben ist die Messung bisher aber nur in Ausnahmefällen.

"Es wäre eine wesentliche Sicherheitsverbesserung, wenn wir mit dem sogenannten Luftzahlmesser regelmäßige Kontrollen durchführen würden", ist Josef Rejmar, Innungsmeister der Rauchfangkehrer, überzeugt. "Das Problem sind oft Umbauten, die Mieter im Sinne des Energiesparens durchführen. Das kann verheerende Auswirkungen für die Gastherme haben", erklärt er.

Denn wer einen Raum so isoliert, dass keine Wärme entweichen kann, verhindert nicht selten auch den natürlichen Durchzug. "Da reicht manchmal schon der Einbau einer Tür ohne Spalt und die Therme bekommt nicht genügend Luftzufuhr - so steigt die CO-Gefahr", erklärt der Innungsmeister.

Der sogenannte Luftzahlmesser würde bei so einem Szenario frühzeitig Alarm schlagen. Ein Pilotprojekt von Wiener Wohnen, das diese Messung seit dem Vorjahr für seine Mieter vorschreibt, zeigt den Nutzen: "Bei acht Prozent der Thermen haben wir überhöhte CO-Werte gemessen. In vier Prozent mussten wir die Wohnung aus Sicherheitsgründen sofort räumen lassen", sagt Rejmar.

Handlungsbedarf

Auch bei "Wien Energie" sieht man Handlungsbedarf: "Derzeit ist die Messung mit dem Luftzahlmesser nur bei Neugeräten vorgeschrieben", sagt der Pressesprecher des Unternehmens, Martin Weichselberger. "Wir sind für regelmäßige Messungen mit diesem Gerät", spricht sich Weichselberger für eine Gesetzesnovelle aus.

Unterstützt wird das Vorhaben auch von Gerald Junker, Leiter der Elektro- und Gasbehörde (MA 36). Zwar gibt er zu bedenken, dass die CO-Werte auch derzeit gemessen werden - allerdings nur alle fünf Jahre. "Im Rahmen des Luftreinhaltegesetzes werden die Wohnungen alle fünf Jahre mit einer CO-Sonde überprüft. Eigentlich geht es in dem Gesetz darum, ob zu viel Kohlenmonoxid nach außen dringt, aber zugleich sieht man auch, welche Mengen in der Wohnung bleiben", sagt Junker.

Die derzeitige Regelung hält er für unzureichend und fordert häufigere Kontrollen. "Wir verhandeln seit Oktober des Vorjahres über die verpflichtende Messung und standen auch schon knapp vor einer Lösung", sagt Junker. Vor einem halben Jahr wäre das Projekt allerdings in einer Schublade im Rathaus verschwunden. "Wir warten seither auf eine Rückmeldung der MA 64", spielt Junker den Ball weiter.

Cordula Donner, Leiterin der MA 64, sieht das anders. Zwar habe es Gespräche über eines Gesetzesnovelle gegeben, eine Gesetzeslücke will sie aber nicht erkennen. "Wir überprüfen derzeit unsere Richtlinien. Ich gehe aber davon aus, dass die Rauchfangkehrer diese Messungen ohnehin durchführen", sagt sie.

Wie zahnlos diese Richtlinien sind, zeigte ein Urteil von März 2011. In einer Wohnung war es zu erhöhten CO-Werten gekommen, nachdem der Rauchfangkehrer bei der Wartung nicht auf die fehlende Belüftung geachtet hatte. Der
Rauchfangkehrer wurde in zweiter Instanz freigesprochen.

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