Friseurmeister unter Kostendruck: Nun suchen sie "Abschnittspartner"

Friseure geraten unter Druck
2016 sperrten 155 Friseure zu. Konzepte wie "Mietstühle" sollen frischen Schwung bringen.

Auf den ersten Blick wirkt Athena Wolph im Haarsalon "Folgeeins" (7. Bezirk) wie eine normale Mitarbeiterin. Sie wäscht Haare, schneidet, färbt und föhnt, sie tratscht mit den Kunden und bietet Kaffee an. Was man nicht sieht: Sie verwendet nicht nur ihr eigenes Werkzeug (bei Friseuren nicht ungewöhnlich), sie hat auch ihr eigenes Diensttelefon und einen eigenen Terminkalender.

Athena Wolph ist eine sogenannte "Stuhlmieterin", eine selbstständige Friseurmeisterin, die sich für einen gewissen Betrag in einem Salon einmietet. Sie bekommt einen Sessel, darf Strom, Wasser und die Kaffeemaschine mitbenutzen und ist ansonsten komplett autark. Etwa 100 solcher "Mietstühle" gibt es in Wien.

Yochai Mevorach, der das Studio " Folgeeins" vor einiger Zeit von Wolph übernommen und nun ihr Vermieter ist, überzeugt das Konzept: "Stuhlmieter bemühen sich mehr – schließlich hängt es nur von ihnen ab, wie viel Geld sie verdienen."

Zehn Prozent weniger

Laut Marcus Eisinger, Friseur-Innungsmeister in der Wirtschaftskammer Wien, sei diese Entwicklung auch für den Kunden von Vorteil: "Jeder Kunde wird von einem Meister bedient, denn jeder Unternehmer hat die Meisterprüfung bestanden."

Und Vorteile für Kunden, die kann man derzeit gut gebrauchen. Allein im vergangenen Jahr haben in Wien 155 Friseurbetriebe zugesperrt. Bei insgesamt 1600 Friseursalons in der Bundeshauptstadt ist das ein Rückgang um knapp zehn Prozent. Eine Entwicklung, die sich fortsetzen könnte.

"Die Branche hat sich verändert", sagt Eisinger, seit 32 Jahren Friseur, und seufzt. Als er jung war, standen die Damen in der Früh vor dem Geschäft seiner Eltern an, um sich die Haare machen zu lassen. Eindrehen, eine Wasserwelle legen – so etwas wird heute kaum noch verlangt. Auch die Dauerwelle, lange Zeit die Umsatzquelle vieler Salons, wird fast nicht mehr nachgefragt. Und das Haarefärben nehmen viele mittlerweile selbst in die Hand – gibt es doch eine breite Palette an Farben in jedem Drogeriemarkt.

Gleichzeitig drängen Diskontanbieter auf den Markt, teilweise dubiose Betriebe ohne Gewerbeschein, die den Preis drücken. Im Schnitt gebe laut Eisinger ein Kunde bei einem Friseurbesuch 36 Euro aus. Tendenz fallend.

Dazu kommt das Problem mit dem Nachwuchs. 850 Lehrlinge gibt es aktuell in Wien. Das hört sich nicht dramatisch an. 2010 waren es aber noch 1100 Lehrlinge. Ausbildungsstellen würden wegfallen, meint Eisinger. Nicht nur wegen der Schließungen. Auch wegen Ein-Personen-Unternehmen "mit individueller Befähigung" (Herrenfriseure, Barbiere etc.), die vermehrt aufsperren. 120 solcher Salons sind seit Ende 2014 dazugekommen. Weil sie nicht das komplette Programm anbieten, können sie keine Lehrlinge ausbilden. Die Hoffnung liegt auf neuen Konzepten wie Stuhlmieten, frischen Wind in die Branche zu bringen.

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