Heerscharen pilgerten auf den Friedhof. Polizei und Wiener-Linien-Mitarbeiter sorgten für Sicherheit

© Katharina Zach

Allerheiligen

Erst Grab, dann Würstelstand

Zigtausende Besucher stürmten am Freitag den Wiener Zentralfriedhof.

von Katharina Zach

11/01/2013, 07:00 PM

Es lebe der Zentralfriedhof und alle seine Toten“, sang schon Wolfgang Ambros. Doch im Gegensatz zum Liedtext war zu Allerheiligen der Eintritt für die Lebenden ausdrücklich erwünscht. Und wie sie alle kamen. Zigtausende Wiener und Wien-Besucher pilgerten am Freitag zu Europas zweitgrößtem Friedhof um in der morbid-friedlichen Atmosphäre zwischen den Gräbern zu wandeln. Und sich danach, vor den Toren, die eine oder andere Schaumrolle, „Eitrige“ oder einen Glühwein zu gönnen. Grabpflege auf Wienerisch eben.

„Viele Menschen kommen nur zu Allerheiligen“, sagt Friedhofsverwalter Andreas Kals, Herr über 330.000 Gräber. Rund um den katholischen Feiertag sei die stärkste Zeit, gefolgt vom Muttertag. „In den letzten Jahrzehnten sind die Besucher aber weniger geworden“, erzählt Kals und es schwingt Bedauern in seiner Stimme mit. Dem müssen auch die „Blumenstandler“ zustimmen. „Schauen Sie sich um, wo sind die Jungen?“, fragt Maria Pausch vom Gartenbau Kontner.

Zumindest die Kleinen sind zahlreich mit ihren Familien unterwegs. Hufgetrappel, Maroniduft – an Tor 2 herrscht fast schon Volksfeststimmung. „Wir haben uns gedacht, wir schauen uns heut’ den Zentralfriedhof an“, erzählt Karin S. aus Niederösterreich, die mit ihren zwei Kindern und der Oma durch die Alleen schlendert. Wer nicht gehen will, kann fahren. Zwar haben Autos am 1. November Fahrverbot, doch erstmals durften die Fiaker trotzdem Besucher durch den Zentralfriedhof kutschieren.

Gedenken

Je tiefer man in die Reihen der Gräber vordringt, desto ruhiger wird es. Menschen mit ernsten Gesichtern Kerzen anzündeten und Blumen niederlegten. „Ich besuche meinen Mann“, erzählt Margareta Krausch. Die 80-Jährige ist nicht mehr gut zu Fuß, mithilfe zweier Krücken setzt sie vorsichtig ein Bein vors andere. Doch die Fahrt zum Grab ihres Liebsten wollte sie sich nicht nehmen lassen. Fast hätte sie es nicht mehr gefunden.

Wer übrigens bei der Orientierung Hilfe braucht, kann sich an die Mitarbeiter des Friedhofs wenden. 15 bis 20 Personen sind zu Allerheiligen dafür im Einsatz. Einer davon ist Heinz Limbeck. Er weiß auf fast alles eine Antwort. Doch manche Beschwerden verschlagen ihm die Sprache. „Einmal hat sich jemand über das herumliegende Laub beschwert.“

Da Bewegung an frischer Luft hungrig macht, drängen sich auch bei den Standlern vor dem Friedhofs-Haupteingang die Massen, die dort rund um Allerheiligen ihre Zelte aufschlagen dürfen. Familie Heeberger betreibt seit 20 Jahren einen Maronistand, seit vier Jahren auch einen Würstelstand. Zu ihren Stammkunden gehören Franz und Adelheid Vosko. „Wir gehen jedes Jahr danach zum Würstelstand“, erzählt die Seniorin und schenkt sich ein Bier ein. „Das ist der einzige Tag, wo zu Hause nicht gekocht wird“, ergänzt ihr Mann.

Ein Friedhof als Sehenswürdigkeit

Geschichte Der Wiener Zentralfriedhof ist der zweitgrößte Friedhof Europas. Er wurde 1874 eröffnet. Insgesamt sieben Mal wurde er im Laufe seines Bestehens erweitert, zuletzt 1921. Heute hat der Zentralfriedhof eine Fläche von knapp 2,5 Quadratkilometern.

Gräber Der Zentralfriedhof verfügt über 330.000 Grabstellen, allerdings sind mehr als drei Mio. Menschen bestattet. Zahlreiche berühmte Persönlichkeiten haben hier Ehrengräber. Etwa Bruno Kreisky, Hans Moser, Leopold Figl, Johann Strauß und natürlich Falco.

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