"Eine Schule für alle Kinder ist möglich"

Jutta Sobolak (li.) ist zufrieden mit der neuen inklusiven Schule. Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner und Direktorin Andrea Rieger wollen die Zahl von Schülern mit Behinderung an jene ohne im kommenden Jahr angleichen. Plätze für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf sind noch frei.
In der ehemaligen Sonderschule der Caritas lernen jetzt Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam.

Kinder hängen Tücher auf das Fußballtor im Turnsaal und bauen eine Höhle. Ein Bub setzt sich einen Hexenhut auf, andere Schüler laufen im Saal umher. Was hier stattfindet, ist das Jeu dramatique (Ausdrucksspiel, Anm.) in der Schule Am Himmel in Döbling.

Seit September ist die Schule der Caritas keine Sonderschule mehr, sondern eine inklusive. Kinder mit Behinderung lernen gemeinsam mit Kindern ohne Behinderung. Doch genau daran übten in der Vergangenheit die Eltern von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf Kritik.

"Dass unsere behinderten Kinder einfach drin sitzen und Mathe lernen sollen, war undenkbar", erzählt Elternvereinsobfrau Jutta Sobolak.

Ihr Sohn Lukas, 16, geht seit seinem fünften Lebensjahr Am Himmel zur Schule. Er wurde mit Down Syndrom geboren, bekam bei einer Operation zu wenig Sauerstoff und kann seither nicht sprechen. "Ich weiß nicht einmal, ob er mich versteht", sagt Sobolak. Deshalb sei ihr der Gedanke, ihr Kind sitze mit den sogenannten "normalen Kindern" in einer Klasse, obwohl es eine spezielle Betreuung braucht, auch so absurd vorgekommen.

Mittlerweile denkt Jutta Sobolak anders. "Ich möchte zeigen, dass es harmonisch läuft. Ich möchte den Eltern die Sorgen nehmen und ihnen Mut machen."

Sechs von elf Lehrern und 14 Kinder der Sonderschule verließen wegen der geplanten Inklusion die Schule. "Mir tut es persönlich leid, dass etliche gegangen sind, aber das ist zu akzeptieren", sagt Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas Wien. "Wir wollten den Beweis antreten, dass eine Schule für alle möglich ist. Und das ist sie."

Gemeinsames Lernen

Seit Beginn des Schuljahres kümmern sich acht Lehrerinnen um 14 Schüler zwischen neun und 17 Jahren mit erhöhtem Förderbedarf und 24 Schüler ohne Behinderung im Alter von sechs bis zehn Jahren. Letztere besuchen eine Mehrstufenklasse.

Jeweils in den zwei Stunden findet der Unterricht in getrennten Stammgruppen statt (etwa in Mathematik oder Deutsch), danach gemeinsam im sogenannten Atelier (Werken, Sport). "Wir waren zuerst sehr kopflastig, aber die Kinder zeigen einem, wie es funktioniert, wenn man sie lässt", erklärt Direktorin Andrea Rieger. Im kommenden Jahr soll die Zahl von Schülern mit Behinderung an jene ohne angeglichen und die Schule schrittweise in eine voll-inklusive erweitert werden.

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