Eifersucht und Schulden: "Wollten Wien verlassen"

Türsteher Igor M. bekennt sich schuldig – doch Tatjana soll zuerst auf ihn eingestochen haben.
Tatjana R. starb durch einen Stich in den Brustkorb. Ihr Ex-Freund will sich nur gewehrt haben.

Igor M. faltet die Hände vors Gesicht. "Ich bin schuldig und ich nehme diese Schuld auf mich", sagt der 34-Jährige. "Aber sie hat mich plötzlich mit einem Messer attackiert. Ich bin bewusstlos geworden. Als ich aufwachte, lag sie tot neben mir." Im vergangenen Februar starb die 20-jährige Tatjana R. aus Neulengbach in der Wohnung ihres Ex-Freundes in Wien-Brigittenau. Ein 17 Zentimeter tiefer Stich in den Brustkorb war tödlich. Den soll ihr Igor M. zugefügt haben. Doch der beteuert im Landesgericht Wien: Es war Notwehr.

Vermisst

Eifersucht und Schulden: "Wollten Wien verlassen"
Tatjana Rajic, Selbstporträt, Mordopfer, Mitarbeiterin Lagerhaus Neulengbach
Zweieinhalb Tage lang war Tatjana R. verschwunden. Ihren Eltern hatte sie erklärt, zu einem Freund zu fahren. "Mein Mann ist die ganze Nacht am Fenster gestanden, aber sie ist nicht gekommen", schildert Tatjanas Mutter. Wenig später wurde die Leiche der jungen Frau in der Wohnung des Ex gefunden. Blutstropfen im Stiegenhaus führten die Polizei zu ihr.

Igor M. war zu dem Zeitpunkt bereits in seiner Heimat Serbien."Ich habe ihn in der Wohnung gefunden mit einer Wunde im Bauch. Überall war Blut", schilderte Igor M.s Vater, der ihn gemeinsam mit Anwalt Franz Karl Juraczka zur Polizei brachte.

Was den tödlichen Streit verursacht hat, darüber gibt es viele Versionen. Vor Gericht schildert der des Mordes angeklagte Türsteher eine neue: "Wir hatten vor, Wien gemeinsam zu verlassen. Wir wollten absprechen, wie wir das machen." Dann sei es zu einem Streit wegen unbezahlter Rechnungen gekommen. "Da bin ich ausgeflippt", sagt der 34-Jährige. Tatjana sei in die Küche gegangen, habe ein Messer geholt und es ihm in den Bauch gerammt. In Notwehr habe er dann zugestochen. Dem widerspricht die Mutter des Opfers: "Sie konnte kein Blut sehen. Tatjana wollte eine Ausbildung zur Krankenpflegerin machen, aber weil ihr bei Blut schlecht geworden ist, hat sie es nicht getan."

Vom damaligen Freund ihrer Tochter hielten die Eltern wenig: "Ich hab gesagt, Jössas na, du brauchst keinen Vater, den hast du zu Hause. Du brauchst einen Freund", sagt Mutter Maria R. angesichts des Altersunterschieds von 13 Jahren. "Seit wir zusammen waren, haben ihre Eltern angefangen, Probleme zu machen", erzählt Igor M.

Selbst verletzt?

Der Staatsanwalt hat eine eigene Theorie: Tatjana habe sich nach der Trennung mit einem anderen Mann verlobt und hätte noch Geld von Igor M. bekommen. Der Angeklagte soll seine Ex in die Wohnung gelockt und niedergestochen haben – seine Bauchwunde habe er sich selbst zugefügt.

Welche Version der Wahrheit entspricht, sollen nun mehrere Gutachter klären – sie kommen am kommenden Dienstag zu Wort. Dann soll auch das Urteil folgen.

Am 13. Februar wurde der blutüberströmte Leichnam von Tatjana R., 20, aus Neulengbach in der Wohnung ihres Ex-Freundes in Wien-Brigittenau gefunden. Todesursache: Ein Messerstich ins Herz. Dieser soll die Folge eines heftigen Streits zwischen Tatjana R. und ihrem Ex-Freund Igor M. gewesen sein. Der 33-Jährige, der bei dem Streit einen Bauchstich erlitten hatte, war nach der Tat in seine Heimat Serbien geflüchtet. Einige Tage später kehrte er mit seinem Vater nach Wien zurück und stellte sich in Begleitung von Rechtsanwalt Franz Karl Juraczka der Polizei. Der Tatverdächtige sitzt in U-Haft. Sein Vater Dusan M. sprach nun mit dem KURIER.

KURIER: Herr M., wie geht es Ihrem Sohn jetzt?

Dusan M.: Wie es jemandem eben so geht, der im Gefängnis sitzt. Ich versuche aber, ihn alle zwei Wochen zu besuchen.

Wie haben Sie von dem Vorfall erfahren?
Tatjanas Mutter rief mich in Serbien an (noch vor dem Fund der Leiche, Anm.). Sie meinte, unsere beiden Kinder seien verschwunden. Ich fuhr also nach Wien, um nach dem Rechten zu sehen.

Was passierte dann?
Als ich zur Wohnung kam, war sie von der Polizei gesperrt. Ich ging zum Hausbesorger. Der erklärte mir, dass es in der Wohnung einen Toten gegeben hatte.

Was war Ihr erster Gedanke, als Sie das erfuhren?
Ich habe nicht gedacht, dass es sich um Igor oder Tatjana handelt. Ich ging zur Polizei; aber die sagten nichts.

Wie erfuhren Sie dann von der Leiche?
Das war am nächsten Morgen im Fernsehen. Dann bekam ich einen Anruf von meiner Tochter: Igor sei in unserer Wohnung in Serbien. Ich fuhr also wieder nach Serbien und fand ihn mit der Wunde im Bauch in der Wohnung. Überall war Blut. Er war sehr schwach.

Warum ist er nicht ins Spital gegangen?
Er hatte Angst. Er wollte nur zurück nach Serbien, um dort zu sterben. Er hatte viel Blut verloren.

Was sagte Ihr Sohn, auf die Frage, wer ihm das angetan hatte?
Die, von der du es am wenigsten erwartet hättest.

Wie schilderte Ihr Sohn den Vorfall?
Tatjana habe zu ihm gesagt, er solle die Augen schließen, sie habe eine Überraschung für ihn. Er dachte, sie würde ihn küssen. Dann spürte er den Stich. Er zog das Messer heraus – danach verlor er das Bewusstsein. Er kann sich nur mehr daran erinnern, dass er aufwachte, und sie tot neben ihm lag.

Eifersucht und Schulden: "Wollten Wien verlassen"

Weshalb soll sie ihm den Bauchstich zugefügt haben?
Das weiß er nicht.

Bekannte von Tatjana haben gemeint, dass die beiden zu dem Zeitpunkt getrennt waren und dass Tatjana nicht freiwillig zu ihm gefahren wäre.
Sie ist doch mit ihrem Auto nach Wien gekommen. Das muss doch freiwillig gewesen sein.

War die Beziehung der beiden Ihrer Meinung nach gewalttätig, haben sich die beiden viel gestritten?
Davon weiß ich nichts. Soweit ich weiß, waren die beiden auch nicht getrennt. Sie wollten eigentlich heiraten.

Wie gehen Sie als Vater mit der Situation um?
Ich kann das alles immer noch nicht glauben. Ich habe die beiden immer zärtlich miteinander gesehen.

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