Prozess gegen ehemaligen Arzt: 1,5 Jahre wegen Wiederbetätigung

Gericht, Gerichtssaal, Akten, Kreuz
Der 55-jährige Pensionist bekannte sich nicht schuldig. "Meine Ehre heißt Treue" sei ein humanistisches Ideal, kein SS-Wahlspruch, meinte er.

Eine ehemaliger Wiener Arzt hat sich am Mittwoch vor einem Geschworenengericht wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verantworten müssen, weil er über seinen Facebook-Account verherrlichende Postings über Adolf Hitler und den Nationalsozialismus getätigt haben soll. Zudem verschickte er einem befreundeten Arzt ein Bild eines weiblichen Unterleibs, auf den ein Hakenkreuz tätowiert war.

Der frühere Allgemeinmediziner war Anfang 2016 in die Schlagzeilen geraten, weil er sich weigerte, in seiner Ordination Asylwerber zu behandeln. Dem praktischen Arzt war wegen dieser fremdenfeindlichen Haltung von der Gebietskrankenkasse der Kassenvertrag gekündigt worden. Außerdem belegte ihn die Ärztekammer mit einem Berufsverbot und strich ihn von der Ärzteliste. Vor Gericht gab der 55-Jährige an, aufgrund dessen 800.000 Euro Schulden zu haben und bis auf 870 Euro gepfändet zu werden. Mittlerweile ist der Mann in Pension.

Holocaust-Leugnung

Zu den verfahrensgegenständlichen zehn Postings und der über Handy verschickten MMS, die für die Staatsanwaltschaft den Tatbestand des Paragrafen 3g des Verbotsgesetzes erfüllen, bekannte sich der Angeklagte nicht schuldig. Vom Oktober 2015 bis Jänner 2016 soll er u.a. Sprüche wie "Meine Ehre heißt Treue", Hitler-Reden, Artikel, die den Holocaust verleugneten, sowie das Bild einer Reichsmarkmünze mit Hakenkreuz gepostet haben.

Der ehemalige Arzt gab zu, "Meine Ehre heißt Treue" gepostet zu haben. Das setze er jedoch nicht mit dem SS-Wahlspruch in Verbindung, sondern "postuliert ein hochhumanistisches Ideal", sagte der Doppeldoktor, der einen Abschluss auch in Philosophie gemacht hat. In der nationalsozialistischen Zeit habe man vieles gesagt, meinte sein Anwalt Adrian Hollaender, auch "Guten Morgen" und das sei nicht verwerflich. Auch das Bild eines weiblichen Unterleibs mit einer Hakenkreuz-Tätowierung und dem Spruch "Heim ins Reich" habe er an den befreundeten Gynäkologen weitergesendet, gab der Mediziner zu. Er habe das als Spaß gesehen und den Mediziner-Freund in der MMS gefragt: "Sind dir auch schon solche Patientinnen untergekommen?"

"Da finden Sie nichts dabei?", fragte die Vorsitzende des Geschworenengerichts, Nina Steindl. "Nein, da find' ich nichts dabei. Seien Sie mir nicht bös'. Wollen Sie mich jetzt der Inquisition zur Verfügung stellen? Lächerlich", meinte der Angeklagte. Er sei Philosoph und Humanist und hätte ein humanistisches Weltbild. "Sie können mich mit keiner Ideologie vor dem Ofen hervorholen." Auf die Frage der Richterin, ob es dem 55-Jährigen denn kein Anliegen sei, diese Postings zu löschen, meinte der ehemalige Arzt: "Ich hab keinen Zugriff mehr. Das ist mir wurscht. Was soll ich tun? Einen Fachexperten bemühen und dem 2.000 Euro zahlen als Gepfändeter und auf's Essen verzichten?"

Account gehackt

Allerdings stellte er in Abrede, eine Rede Adolf Hitlers sowie das Bild einer Reichsmarkmünze gepostet zu haben. Da sei sein Facebook-Account gehackt worden. Er habe nämlich mehrmals nicht auf seinen Account zugreifen können und während des Schreibens des Postings seien die Wörter plötzlich redigiert worden. Laut dem vom Gericht herangezogene IT-Sachverständige Kurt Peter Judmann hat es jedoch keine Hinweise gegeben, dass andere auf den Account Zugriff hatten.

Bei einer Hausdurchsuchung waren beim Angeklagten Computer, Laptops, externe Festplatten und andere Datenträger sichergestellt worden. Dabei wurde auch ein Bild gefunden, das den Angeklagten in einer Wehrmachtsuniform zeigt. Das ist zwar nicht verfahrensgegenständlich, jedoch "zeigt sich ganz klar die rechtsextreme Gesinnung des Angeklagten", meinte die Staatsanwältin. Das Bild zeige ihn in der Verkleidung als Adolf Hitler. Dabei handle es sich um eine Parodie, verteidigte sich der Arzt. Er habe schon seit seiner Studienzeit Kabarett gespielt. Er habe auch schon Palästinenserpräsident Jassir Arafat und Pater August Paterno parodiert.

Weitere Punkte der ursprünglichen Anklageschrift wurden ebenfalls nicht verhandelt, nachdem die Rechtsvertreter des Mediziners diese beim Wiener Oberlandesgericht (OLG) beeinsprucht hatten. Zwei Youtube-Videos wurden aus verfahrensrechtlichen Gründen gestrichen, womit eine Hitler-Rede und ein Lied der Band Sturmwehr nicht mehr verfahrensgegenständlich sind.

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