Dubiose Geschäfte des ermordeten Baumeisters

Bei einem Schussattentat starb in der Nacht auf Freitag ein 50-Jähriger in Wien.
Auf offener Straße lauerte Killer dem schillernden Bau-Zampano auf. Opfer saß von Ende 2005 bis Ende November 2007 wegen Betrugs in Haft.

Der Mord an Davud D. glich einer Hinrichtung: Der 50-jährige Bauunternehmer wurde in der Nacht auf Freitag auf offener Straße erschossen. Der Schütze dürfte ihm vor seiner Wohnung in der Kafkastraße 9 in Wien-Leopoldstadt aufgelauert haben. Als der Unternehmer mit einem 39-jährigen Freund seinen roten Golf vor dem Haus parkte, wartete der Täter, bis die Männer die Haustür erreicht hatten, dann drückte er ab.

Mehrere Schüsse aus einer Faustfeuerwaffe trafen Davud D. in Kopf und Nacken; er verstarb noch am Tatort. Sein Begleiter konnte sich hinter einem parkenden Auto verstecken und blieb unverletzt. Der Täter flüchtete und wird seitdem gesucht.

Zuvor dürfte Davud D. mit seinem serbischen Bekannten den Scotch Club in der Wiener City besucht haben – D. ist der Inhaber des Lokals. Außerdem war er auch Besitzer eines Bauunternehmens, das um die Ecke des Tatorts angesiedelt ist. Diese Firma soll auch ein Standbein in Polen haben. In Wien beschäftigte D. angeblich 600 polnische Arbeiter.

Geldsorgen

Möglicherweise hatte der Unternehmer Geldprobleme. Eine Indiz dafür ist der Besuch von Davud D’s. Ex-Frau am Donnerstag in der Kanzlei eines bekannten Wiener Rechtsanwalts. Sie wollte Geld bei dem Bauunternehmer eintreiben. D. hatte sich bei der Scheidung zur Zahlung eines Geldbetrages verpflichtet, aber nicht gezahlt. Der Anwalt konnte die Frau jedoch wegen eines Interessenskonflikts nicht vertreten, da er ihren Ex-Mann in einem Strafprozess verteidigt hatte.

Bei besagtem Prozess saß der mittlerweile Ermordete aber noch unter seinem ursprünglichen Namen Beduhin D. vor Gericht. Für die Namensänderung dürfte er sich erst nach einer Haftstrafe entschieden haben.

Capo am Bau

Beduhin oder Davud D. war nämlich alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Im Jahr 2004 begannen Mitarbeiter der Wiener Gebietskrankenkasse und die Betrugsbekämpfer des Landeskriminalamts NÖ gegen den umtriebigen Bau-Zampano und sein Umfeld zu ermitteln. Dabei stießen sie auf einen groß angelegten Bau-Betrug mit insgesamt 21 Verdächtigen, vor allem aus Ex-Jugoslawien. Kopf war laut den damaligen Ermittlern Behudin D., der 13 Bau- und Personalleasing-Firmen - zum Teil mit gefälschten Reisepässen - gegründet hatte.

Sozialversicherung und Steuern nicht gezahlt

Drei weitere Scheinfirmen hatte er damals schon auf Vorrat gegründet. Auf die entsprechenden Unterlagen (Notariatsakte) stieß das damalige LKA-Ermittlerteam um Horst K. bei einer Hausdurchsuchung. Behudin Ds Trick war es, gleich nach der Gründung die Firmennamen zu ändern und seine Leute von einer Baustelle zur anderen zu verschieben – ohne dass seine Briefkastenfirmen den Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Krankenkassen, der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) und der Finanz nachgekommen wären. Die Arbeiter wussten in der Regel nicht, für welche Baufirma sie tatsächlich tätig waren. Oder gaben es vor, dies nicht zu wissen.

D. stand im Ruf, von einem Tag auf den anderen bis zu 600 Arbeiter für Großbaustellen organisieren zu können. Für zwei namhafte Baukonzerne, darunter war auch die spätere Pleite-Firma Alpine, soll er als Subunternehmer gewerkt haben. Bereits 2002 ging seine erste Scheinfirma pleite, es folgten weitere Konkurse. Geschädigt wurde dabei auch der Insolvenzentgeltfonds (IEF), der die offenen Dienstnehmerforderungen bei den diversen Pleite-Firmen übernehmen musste.

Im Juli bzw. Oktober 2005 schlitterten dann die beiden Hauptfirmen in den Bankrott. Detail am Rande: Dem Vernehmen nach baute D. in diesen Jahren seiner Familie im Raum Wien-Liesing/Vösendorf bei Wien so ganz nebenbei ein luxuriöses Privathaus.

Die Kripo legte ihm letztendlich das Handwerk. Am 29. Dezember 2005 wurde der schillernde "Baumeister" in Untersuchungshaft genommen. Der Verdacht: Betrug, betrügerische Krida, Geldwäsche, Urkundenfälschung und Gründung einer kriminellen Organisation. Der Schaden wurde damals mit rund 6,72 Millionen Euro beziffert. Angeklagt waren insgesamt sieben Personen. Behudin D. fasste drei Jahre Haft aus; außerdem soll er eine Zusatzstrafe wegen Nötigung aufgebrummt bekommen haben. Der Bauzampano hatte sich ursprünglich als " nicht schuldig" bekannt. Sein damaliger Strafverteidiger kann sich auf Anfrage des KURIER nur noch sehr vage an den früheren Mandanten und den Fall erinnern.

Präparierte Zeugen

Auch in die Machenschaften eines später verurteilten und entlassenen Chefinspektors der Wiener Polizei war D. verwickelt. Als D. im Gefängnis saß, telefonierte er aus der Zelle heraus und kündigte an, der Chefinspektor werde in einem mysteriösen Mordfall im Café Cappuccino in Wien (2006) alles regeln. Das Telefonat wurde abgehört. Der Chefinspektor präparierte tatsächlich Zeugen, bis heute ist der Mordfall nicht eindeutig geklärt.

Am 27. November 2007 wurde Bau-Zampano D. bedingt aus der Haft entlassen. Mitte September 2009 wurde über ihn ein Privatkonkurs-Verfahren eröffnet. Demnach sollte Behudin D. bis auf das sogenannte Existenzminimum – damals rund 850 Euro – gepfändet werden und Zahlungen an seine Gläubiger leisten. Doch dazu kam es nicht. Da bei Behudin D. angeblich nichts zu holen war, wurde das Privatkonkurs-Verfahren später mangels Vermögens abgewiesen.

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