Die Schubertlinde ist laut neuem Gutachten doch „erhaltenswert“

Die Schubertlinde ist laut neuem Gutachten doch „erhaltenswert“
Ein Experte hatte dem vom U-Bahn-Bau bedrohten Baum zuletzt nur noch 10 Jahre gegeben. Die Chance auf eine Verpflanzung könnte nun steigen.

Für die Schubertlinde am Augustinplatz im 7. Bezirk gibt es wieder Hoffnung. Die Wiener Linien wollen den 15 Meter hohen und mehr als 60 Jahre alten Baum bekanntlich fällen, weil an dieser Stelle ein Notausgang für die verlängerte U2 gebaut wird.

Obwohl sich dagegen massiver Widerstand geregt hatte, schwanden die Chancen auf eine Rettung zuletzt aber: Baumchirurg Manfred Saller schätzte die Rest-Lebenszeit der Linde auf maximal zehn Jahre.

Der Baum sei, wie an den trockenen Endtrieben zu erkennen sei, bereits im Absterben begriffen, sagte er im Mai dem KURIER. Rainer Prosenz, Sachverständiger für Baumpflege und Baumstatik, sieht das völlig anders.

Die Schubertlinde ist laut neuem Gutachten doch „erhaltenswert“

Er hat im Auftrag der ÖVP Neubau nun ein Gutachten erstellt, wonach die Schubertlinde als „Zukunftsbaum“ zu betrachten ist. Es handle sich daher um einen „erhaltenswerten“ Baum.

Vitalitätsmängel

In einem Punkt gibt Prosenz seinem Branchenkollegen Saller jedoch recht: Die Schubertlinde kränkelt.

„Im oberen Kronenbereich zeigen sich bereits länger anhaltende Vitalitätsmängel“, heißt es in seinem Gutachten, das dem KURIER vorliegt. Rund 40 Prozent der Baumkrone seien davon betroffen.

Eine „augenscheinliche“ Erklärung dafür kann aber selbst der Experte nicht ausmachen. Seine Vermutung: „Mängel im Substrat“ oder „Trockenheit“.

Baumchirurg Saller gab vor diesem Hintergrund zu bedenken, dass der Nutzen einer Verpflanzung der Schubertlinde an einen anderen Standort – wie er sie auch bei der Eiles-Platane gratis durchgeführt hatte – genau mit den Kosten abgewogen werden müssen.

Soll heißen: Im schlimmsten Fall würde man mit viel Aufwand einen Baum übersiedeln, der bald darauf eingeht.

Sachverständiger optimistisch

Diese Aussicht erhöhte die Bereitschaft der Wiener Linien, die Linde zu verpflanzen, freilich nicht. Im Fall einer Übersiedlung müssten sie den notwendigen Transport bezahlen, Saller würde wieder gratis arbeiten.

Prosenz’ Gutachten könnte das Blatt nun wenden. „Die Vitalitätsmängel sind nicht gravierend und jedenfalls nicht unumkehrbar“, schreibt der Sachverständige.

Der Anlass
Zum 100. Todestag des Komponisten Franz Schubert im Jahr 1928 pflanzten Männergesangsvereine zum Gedenken vielerorts Linden – die sogenannten Schubertlinden. Sieben davon stehen in Wien:  je eine im 5., 7., 14., 15. und 19. Bezirk und zwei im 18. Bezirk. Die Schubertlinde in Neubau ist nicht mehr das Original: Sie wurde laut Baumkataster 1959 gepflanzt. 

Die Baumart
In ganz Wien gibt es 15.007 Linden, in Neubau sind es 60. Diese Baumgattung kann besonders viel aufnehmen. 

Und: „Es gibt keinen Hinweis, dass die Restbestandszeit dieses Baumes irreversibel reduziert wäre.“

Türkis-grüner Antrag

Die ÖVP Neubau will nun den Druck auf die Stadt erhöhen. „Die Schubertlinde muss erhalten bleiben. Entweder am Augustinplatz oder alternativ im Weghuber-Park“, sagt Bezirksparteichefin Christina Schlosser.

Die ÖVP wird deshalb in der Sitzung des Bezirksparlaments am Dienstag einen Antrag einbringen, in dem die Wiener Linien und Öffi-Stadtrat Peter Hanke (SPÖ) aufgefordert werden, Lösungen zu erarbeiten.

Die Schubertlinde ist laut neuem Gutachten doch „erhaltenswert“

Die Grünen teilen dieses Ansinnen übrigens – die beiden Fraktionen bringen den Antrag daher gemeinsam ein.

Die Türkisen sammeln zusätzlich Unterschriften für die Rettung der Schubertlinde. „Innerhalb kürzester Zeit“ seien bereits mehr als 300 Unterschriften zusammengekommen, so Schlosser.

Kommentare