Die "ganz normalen" Bankräuber

Die "ganz normalen" Bankräuber
Die Anzahl der Banküberfälle sinkt. In der Schuldenfalle gefangene Einzeltäter ersetzten Banden. Ein Täter narrt die Polizei.

Kapperl, Hut oder Mütze sind Pflicht. Brillen stehen beim Dresscode der Bankräuber auch noch hoch im Kurs. Die Täter sehen eigentlich aus wie normale Passanten. Die Zeiten, wo sich Kriminelle mit Strickmützen oder Motorradhelmen vermummen, sind - mit wenigen Ausnahmen - vorbei. "Die Ära der minutiös geplanten Überfälle auf Geldinstitute läuft aus. Auch Banden und Serientäter werden weniger. Dafür steigen die spontanen Verzweiflungstaten", sagt Oberstleutnant Hans Golob von der Wiener Polizei.

Die "ganz normalen" Bankräuber

Die sogenannten Verzweiflungstäter kämpfen meist mit einem erdrückenden Schuldenberg und sehen im Banküberfall den finalen Ausweg. Die Härte des Gesetzes trifft sie aber nicht minder. Schon für wenige Hundert Euro Beute muss mit mindestens fünf Jahren Haft gerechnet werden. Harte Strafen und wenig Beute sind auch die Gründe für den Rückgang der Überfälle (siehe Grafik). Und dank der flächendeckenden Video-Überwachung können immer mehr Täter identifiziert und somit auch überführt werden. Erst am Wochenende wurde ein 41-jähriger Serbe verhaftet, der am 8. August eine Bank in der Wagramer Straße überfallen haben soll.

Räuber mit Auto-Tick

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Einer aber narrt die Fahnder seit 30. Dezember 2010. Mittlerweile gehen bereits drei Überfälle (30. Dezember 2010, 4. März 2011 sowie 1. April 2011) auf sein Konto. Der 30 bis 45 Jahre alte Mann spricht akzentfrei deutsch. Und hat einen Auto-Tick. Einmal trägt er eine Audi-Kappe, dann ein knallrotes Ferrari-Blouson und schließlich ein Mercedes-Käppi. Bei den Überfällen spricht er wenig, dafür legte er jeweils einen Drohbrief mit eindeutiger Geldforderung am Schalter vor. Diese Strategie führte bis dato immer zum Erfolg. Er ist auf freiem Fuß.

Weniger erfolgreich war der Bankräuber vom 22. Februar 2011. Kurz nach dem Überfall in Wien-Brigittenau wurde er auf der Straße von einer Kamera aufgenommen. Kapperl und Brille waren schon in der Tasche verstaut. Zeugen konnten ihn identifizieren. Er sitzt in Haft. Insgesamt fahndet die Polizei aktuell nach sechs Bankräubern.

Die Branche der Bankräuber gilt als Auslaufmodell. Zwar wird es immer wieder Überfälle geben, die "goldenen Zeiten" aber sind Geschichte. Der Sicherheitsbeauftrage der Wiener Banken und Vize-Generaldirektor der Raiffeisen-Landesbank für NÖ und Wien, Georg Kraft-Kinz spricht Klartext: "Wir wollen das G'sindel nicht in den Banken haben." Dafür wird aufgerüstet. In Überwachungstechnik, Bewachungspersonal und Ausbildung der Mitarbeiter (siehe Interview unten).

Weniger Waffen

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Auch der zeitliche Fokus der Überfallserien hat sich geändert. Galt früher die Adventzeit als Höhepunkt, verteilen sich die Taten über das ganze Jahr. Zusätzlich werden weniger Waffen verwendet. Denn die Täter wissen, dass ihnen das Geld auch ohne Waffengewalt ausgehändigt wird.

Wie aber fühlen sich Bankbedienstete, wenn sie überfallen werden? Kraft-Kinz: "Das fällt unter Berufsrisiko. Wird psychologische Hilfe benötigt, bekommen unsere Mitarbeiter sie selbstverständlich auch."

"Wir werden die Banken nicht verbarrikadieren"

Die "ganz normalen" Bankräuber

Der Vize-Generaldirektor der Raiffeisen-Landesbank für Niederösterreich und Wien, Georg Kraft-Kinz ist auch der Sicherheitsbeauftragte für alle Banken in Wien.

KURIER: Welche Maßnahmen setzen die Geldinstitute gegen Bankräuber?

Georg Kraft-Kinz: Sicherung durch Securities, Videoüberwachung, Zutritt in Schalter-Hallen nur mittels gültiger Bankomatkarten, Mitarbeiterschulung und Kooperation mit der Exekutive.

Das klingt nach einem Abwehrkampf ...
Korrekt. Wir müssen uns verteidigen, denn die Täter greifen uns an. Wir werden aber unsere Banken nicht verbarrikadieren.

Stichwort Ausbildung der Mitarbeiter. Sie sehen den Tätern in die Augen. Wo liegen die Prioritäten?
Bei der Deeskalation. Der Täter soll seine Beute haben. Tatsächlich läuft die Alarmierung bereits während seiner Geldforderung.

Wie funktioniert das technisch?
Das darf ich leider nicht verraten.

Die Zahl der Überfälle geht zurück. Dank der gesetzten Maßnahmen?
Natürlich. Es kommt aber die Verhältnismäßigkeit dazu. Für einen Bankraub geht man bis zu zehn Jahre in Haft. Und die Beute wird immer geringer. Erst kürzlich wurde ein Räuber mit sechs Jahren Gefängnis bestraft. Die Beute waren 4000 Euro.

Werden die Täter aggressiver?
Eher nicht. Die kriminelle Energie ist aber individuell und ist von der Stress- Situation abhängig.

Wo liegen die Hauptmotive für Banküberfälle?
Das organisierte Bandentum geht eher zurück. Immer häufiger kristallisieren sich Verzweiflungstaten als Motiv heraus. Viele Täter haben Spielschulden wegen ihrer Automatensucht.

Gibt es das gefürchtete Alarmpaket noch?
Nein, aber wir haben modernere Möglichkeiten die Beute zu zerstören.

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