Der Mythos des Hotel Imperial

Der Mythos des Hotel Imperial
Der neue Eigentümer des Imperial hat auch ein Stück österreichischer Geschichte mitgekauft. Gebaut als "Einfamilienhaus", wohnen hier seit fast 150 Jahren gekrönte Häupter aus aller Welt.

Wenn man auf der Ringstraße in Richtung Schwarzenbergplatz fährt, springt einem der riesige Palast förmlich ins Auge: das Imperial, Wiens erste Adresse für gekrönte Häupter, Geschäftsleute und betuchte Touristen aus aller Welt. Kaum ein Prominenter der letzten 143 Jahre, der hier nicht gewohnt hätte, längst ist das Imperial ein Mythos, ein geheimnisvolles Stück Wien, das die meisten Bewohner dieser Stadt nur von außen kennen. Jetzt hat es für 70 Millionen Euro den Besitzer gewechselt.

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"Einfamilienhaus"

Dabei wurde das gigantisch große Gebäude gar nicht für Touristen gebaut, sondern für ein einzelnes Ehepaar, den Herzog von Württemberg und seine Wiener Gemahlin, eine geborene Habsburg. Sie kauften einen leeren Bauplatz und ließen darauf ein vierstöckiges Luxuspalais errichten. Doch kaum war es 1866 fertig, zogen sie schon wieder aus, da die Ringstraße immer noch eine riesige Baustelle war, die dem Ehepaar zu schmutzig und zu laut erschien. Sie verkauften das Palais an den Bankier Horace von Landau, der 1873 ein Hotel draus machte.

Auch wenn seither Dutzende gekrönte Häupter dieselben in den Imperial’schen Daunen zur Ruhe betteten, gilt der 10. Mai 1969 als Glanzpunkt in der Chronik des Luxushotels am Kärntner Ring. War es doch der Tag, an dem hier Königin Elizabeth II und Prinz Philip eincheckten.

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Im Vorfeld war die Queen "not amused", dass sie – sozusagen wie Kreti und Pleti – in einem Hotel nächtigen musste, weil sie in offiziellen Staatspalästen abzusteigen pflegt. Da Österreich über einen solchen nicht verfügt, blieb Her Majesty nichts anderes übrig als während ihres Staatsbesuchs mit dem Imperial vorlieb zu nehmen, das die damals 43-jährige Monarchin dann bei der Abreise als "schönstes Hotel, in dem ich je gewohnt habe", bezeichnete.Solche und viele andere Geschichten hat der neue Eigentümer Khalaf Ahmed Al Habtoor gleich mitgekauft, wohnten doch im Gästehaus der Republik neben Königen, Scheichs und Maharadschas auch Weltstars von Maurice Chevalier über Sophia Loren bis Michael Jackson.

Kaum Tourismus

In Wien gab es, als Herr Landau das Imperial vom geräumigen Einfamilienhaus in ein Hotel umbaute, fast nur einfache Gaststätten, da es hier bis dahin kaum nennenswerten Fremdenverkehr gab. Erst die fertige Ringstraße und die Weltausstellung 1873 lockten Geschäftsleute und Touristen in Massen an. So zählten der Kaiser von Brasilien, der König von Dänemark und der deutsche Kaiser Wilhelm I. zu den ersten Gästen des Hotels. Neben Staatsmännern zog das Imperial Künstler wie Eleonora Duse und Sarah Bernhardt an und als Richard Wagner 1875 für eine "Tannhäuser"-Aufführung an die Hofoper kam, bewohnte er eine 7-Zimmer-Flucht samt eigens angeschafftem Konzertflügel.

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Da sich das ehemalige Einfamilien-Palais bald als zu klein für ein First-Class-Hotel erwies, suchte die Wiener Verkehrsbank, die es mittlerweile für drei Millionen Kronen (heute rund 15 Millionen Euro) erworben hatte, im Jahr 1912 bei der Baubehörde um Erweiterung von zwei Stockwerken an. Österreichischer geht’s nicht: Bis zur Erteilung der Genehmigung vergingen sage und schreibe 15 Jahre (!), dann erst konnte endlich mit der Aufstockung begonnen werden. Dafür erhielt das Hotel im September 1918 den ehrenvollen Titel "K. u. k. Hoflieferant", über den sich die Direktion allerdings nur zwei Monate freuen durfte, weil es dann keinen Hof mehr gab.

In Chaplins Zimmer

Auch in der Republik kamen prominente Gäste wie Charlie Chaplin, der am 17. März 1931 in Wien seinen Film "Lichter der Großstadt" vorstellte und hier wie ein König empfangen wurde. Schaulustige kletterten auf die Bäume vor dem Imperial, um den Filmstar aus der Nähe sehen zu können, eine junge Dame schlich sogar in seine Suite, angeblich, um ihn von ihren schauspielerischen Qualitäten zu überzeugen.Im März 1938 erklärte Hitler das Imperial zu seinem Wiener Hauptquartier und bewohnte es, wann immer er in der Stadt war. Gleichzeitig wurde das Hotel "arisiert", der Hauptaktionär Samuel Schallinger ins KZ Theresienstadt deportiert, wo man ihn 1942 ermordete. Zu einer Restitution ist es nie gekommen.

Für Staatsgäste

Nach dem Krieg diente das mittlerweile in den Besitz der Creditanstalt gelangte Hotel als Sitz des sowjetischen Hochkommissars, ehe es 1958 endgültig zur Nobelherberge für Staatsgäste der Republik wurde.

Heute verfügt das 5-Sterne-Hotel über 138 Zimmer und Appartements, die so angelegt sind, dass – wie es bei der Queen der Fall war – ein ganzer Stock als Einheit zur Verfügung stehen kann. Hinter vorgehaltener Hand erfährt man, dass die Königin wert darauf legte, dass sogar das Wasser für ihren Tee in großen Flaschen aus London mitgebracht wurde. Im Imperial scherte man sich nicht weiter drum und kochte das Leibgetränk Ihrer Majestät mit dem bewährten Wiener Hochquellwasser auf, ohne dass sie es je bemerkt hätte.

Zu klein für Kennedy

Während Kreml-Chef Nikita Chruschtschow und Gattin beim sowjetisch-amerikanischen Gipfeltreffen in Wien 1961 im Imperial schliefen, logierten Jackie und John F. Kennedy in der Residenz der amerikanischen Botschaft. Wie überhaupt noch nie ein amtierender US-Präsident als offizieller Staatsgast im Imperial nächtigte, "weil diese mit ihrer Entourage 200 Zimmer benötigen", weiß der Hotel-Chronist Michael Moser zu berichten. Für die Amerikaner ist das Imperial zu klein.

Während Präsidenten und Könige im Imperial als Gäste der Republik wohnen, zahlen ganz normale Millionäre pro Nacht zwischen 359 und – so sie die Fürstensuite beziehen – 5000 Euro.

Ohne Frühstück.

Die Dichte von Nobelhotels mit arabischen Eigentümern dürfte in Wien deutlich höher sein als in anderen vergleichbaren Städten. Neben dem Imperial gehören auch die Innenstadt-Häuser Grand Hotel und The Ring einem arabischen Eigentümer, dem schillernden Investor Mohamed Al Jaber. Ein weiteres Luxushotel-Projekt, das Schwarzenberg, wurde nicht realisiert.

Das größte Investment arabischer Geldgeber ist viel profaner als Luxushotels: Die International Petroleum Investment Company (IPIC) aus Abu Dhabi ist mit knapp 25 Prozent Großaktionär des Mineralölkonzerns OMV.

In anderen europäischen Staaten ist die Liste arabischer Investments deutlich länger. So gehört der VW-Konzern bereits seit Jahrzehnten zu knapp einem Sechstel (15,6 Prozent) dem Golfstaat Katar. Am Konkurrenten Daimler (Mercedes) ist mit knapp 7 Prozent der Golfstaat Kuwait beteiligt.

In den vergangenen Jahren, als die Petrodollars noch reichlicher flossen, steckten die arabischen Investoren – meist Staatsfonds – ihr Geld verstärkt in Banken. Katar hält Anteile an der Deutschen Bank, an der Credit Suisse und an Barclays. Etihad, die nationale Fluglinie der Vereinigten Arabischen Emirate, ist maßgeblich an den Fluglinien Air Berlin und Alitalia beteiligt.

70 Millionen Euro blätterte der Milliardär Khalaf Ahmad al Habtoor für das schmucke Hotel Imperial hin. Aus reiner Liebhaberei? Er habe sich in das Gebäude mit der schönen Architektur verliebt und erwarte nicht, dass ihn das Hotel reich mache, verlautete der 66-jährige Araber anlässlich der Vertragsunterzeichnung. Al Habtoor rangiert mit einem geschätzten Netto-Vermögen von 2,3 Milliarden Dollar auf Rang 335 der aktuellen Forbes-Superreichen-Liste.

So romantisch das Märchen vom reichen Gast, dem es im Hotel so gut gefällt, dass er es gleich kauft, klingen mag: Hinter dem 70-Millionen-Euro-Deal in Wien steckt nicht reine Liebhaberei, sondern Strategie.

Schon Ende des Vorjahres kündigte Bau- und Immobilientycoon Al Habtoor an, 2016 um gut eine halbe Milliarde Euro Luxushotels in Europa und den USA aufkaufen zu wollen. Das Imperial in Wien war nur ein weiteres im Einkaufskorb, in dem zuvor schon zwei Hotels in Budapest und eines in London landeten. In Budapest hörten sich die Beweggründe für den Kauf übrigens ähnlich märchenhaft an wie in Wien.

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ABD0006_20160216 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA0035 VOM 16.2.2016 - Khalaf Ahmad Al Habtoor, neuer Chairman des Hotel Imperial, am Montag, 15. Februar 2016, während eines Interviews mit der Austria Presse Agentur (APA) in Wien. - FOTO: APA/HERBERT NEUBAUER

Die stark expandierende Hotel-Sparte zählt zum Kerngeschäft seiner inzwischen zum Business-Imperium herangewachsenen Al-Habtoor-Gruppe, die mit rund 40.000 Mitarbeitern zu den größten Familienunternehmen in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) zählt. Ursprünglich 1970 als Baufirma gegründet, wuchs das Unternehmen mit dem Bauboom Dubais und wurde nach und nach zum Multi, der in vielen Bereichen mitmischt. Der Schwerpunkt liegt auf Immobilien, Bau-Infrastruktur, Öl und Gas, Bildung und Autoimport. Unter anderem gehört das berühmte Waldorf Astoria Dubai Palm Jumeirah zur Al-Habtoor-Gruppe.

Al Habtoor City Demnächst wird in Dubai „das Denkmal“ für Firmengründer Al Habtoor, die riesige „Al Habtoor City“ mit 1400 Luxus-Appartements, fertig. Die drei großen Wohntürme sind nach den Töchtern Noura, Amna und Meera benannt. Im April sperrt das Hotel in der City auf, es wird vom Imperial-Betreiber Starwood betrieben. Insgesamt hat der neue Imperial-Besitzer sechs Kinder, wobei sein ältester Sohn Mohammed (48), dessen Herz für den Polo-Sport schlägt, als Chef des Firmenimperiums fungiert.

Seinen Aufstieg als Selfmade-Milliardär hat Al Habtoor 2013 in einer auf Englisch erschienen Autobiografie nachgezeichnet.

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