Der Mann, der die Wiener abschleppt

Der Mann, der die Wiener abschleppt
Ein Mal in 27 Jahren wird jeder Wiener abgeschleppt. Ist es so weit, kommt man an Christian Jurkovits nicht vorbei.

Christian Jurkovits ist ein pflichtbewusster Mann. „Was sein muss, muss sein“, sagt der Magistratsbeamte der MA 48, Herrscher über einen der größten Parkplätze Wiens. In der Simmeringer Haide, dort, wo der topografisch tiefste Punkt der Bundeshauptstadt liegt, befindet sich nicht nur Wiens Hauptkläranlage, sondern auch das bescheidene Reich von Jurkovits: Ein Parkplatz, vollgeräumt mit 800 abgeschleppten Fahrzeugen. „Ein Mal in 27 Jahren“, sagt Jurkovits, „wird das Auto eines jeden Wieners abgeschleppt. Zumindest der Statistik nach.“

In den vergangenen vier Wochen hatte sein Team alle Hände voll zu tun. Vor allem im Advent, wenn Wiener und Wien-Touristen ihre Weihnachtseinkäufe erledigen, werden Parkverbote gerne ignoriert und Straßenbahnen am Weiterfahren gehindert. „Erst jetzt zu den Feiertagen reißt dieser Trend wieder ab“, sagt Jurkovits, während er über das Areal führt.

In den vier Wochen vor Heiligabend wurden in Wien insgesamt 1074 Autos abgeschleppt (plus drei Prozent im Vergleich zu 2010). Im ganzen Jahr waren es 28.604 – um 1327 weniger als im Vorjahr. Von einem generellen Trend könne aber keine Rede sein. „Viele verstellen Behindertenparkplätze, Ein- und Ausfahrten oder Halte- und Parkverbotszonen.“

Steigende Tarife

„Hotspots“ sind Straßen nahe der Adventmärkte und in der Nähe von Einkaufszentren. Der ÖAMTC rechnet vor, dass Autofahrer in Wien heuer 300.000 Euro Strafe bezahlen mussten. Für Polizei, Abschlepp- und Verwaltungsgebühr sind 271 Euro zu berappen. Im kommenden Jahr werden Schleppgebühr und Verwaltungskosten erhöht. Statt 192 Euro müssen ab Jänner 242 Euro bezahlt werden. „Der Preis ist nicht ohne“, sagt Inna Sinelschikova, als sie ihr Auto in der Simmeringer Haide auslöst. Die Russin ist mit Freund und Mietwagen auf Wien-Besuch. Das Auto stellten sie bei ihrem Hotel in der City ab. „Dann war’s weg. Wir haben das Verbotsschild nicht gesehen“, sagt sie schuldbewusst.

 

Sag niemals nie

Der Mann, der die Wiener abschleppt

Auch Student Maximilian Breyer stellte den Wagen im sechsten Bezirk nahe der Wohnung ab. Am nächsten Morgen war auch sein Auto weg. „Eine Ladezone mit ungewöhnlichen Ladezeiten“, sagt er.

Kommt es vor, dass Jurkovits und die Magistratsbeamten Jagd auf Falschparker machen, um das marode Stadtbudget aufzufetten? Jurkovits wiegelt ab. Den Vorwurf hört er nicht zum ersten Mal. „Wir san ja ned die Bösen“, sagt er dann. „Wir dürfen nur kostendeckend arbeiten und auch die 17 privaten Schleppfahrzeuge, die für uns tätig sind, werden nach Stunden und nicht nach abgeschleppten Autos bezahlt.“ Und Jurkovits selbst? Musste er sein Auto auch schon einmal am eigenen Arbeitsplatz auslösen? „Nein, zum Glück nicht“, sagt er. „Seit 1977 habe ich ein Auto und seit ’78 arbeite ich hier. Spott und Häme der Mitarbeiter blieben mir bislang erspart.“ Dabei wäre Jurkovits längst überfällig. Zumindest der Statistik nach.

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